Pläne sind fertig

Grazer Bürgermeister drückt bei U-Bahn aufs Tempo

Steiermark
14.01.2021 06:00

Eine U-Bahn in der steirischen Landeshauptstadt: Dieses spektakuläre Projekt will der Grazer Bürgermeister schon bald der Öffentlichkeit präsentieren. Im „Krone“-Interview spricht der Stadtchef auch über die Turbulenzen in der schwarz-blauen Koalition.

„Krone“: Seit Montag sind die Corona-Teststraßen, die Sie ja gefordert haben, steiermarkweit in Betrieb - fühlen Sie sich bestätigt?
Siegfried Nagl: Ich bilde mir da nichts darauf ein. Es gab auch keinen Streit darüber. In Graz haben wir die Notwendigkeit gesehen, jetzt gibt es das - und das ist gut so.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Land?
Gut. Das, was wir derzeit am allerwenigsten brauchen, ist Streit. Wir haben einen gemeinsamen Feind: Corona. Und den müssen wir besiegen. Wir müssen - auf der politischen Ebene, auf Verwaltungsebene - an einem Strang ziehen. Es gab bisher ja kein wirksames Mittel gegen das Virus, wir konnten nur die Ausbreitung verlangsamen. Jetzt geht es darum, die Impfung so gut wie möglich zu organisieren.

Wann werden die Grazer durchgeimpft sein?
Ich hoffe, dass möglichst viele Menschen mitmachen. 50 Prozent braucht es - sonst werden wir von einem Lockdown in den nächsten torkeln, bis wir uns das irgendwann nicht mehr leisten können. Unser Landeshauptmann hat richtig gesagt: Wir haben zwar eine Krise, anders als unsere Großeltern aber noch keine Not. Bis zum Sommer sollen alle, die sich impfen lassen wollen, geimpft sein.

Welche Schulnote geben Sie der Zusammenarbeit in der schwarz-blauen Rathaus-Koalition?
Sie ist mit wenigen Ausnahmen friktionsfrei gelaufen. Wir haben viel von dem erledigt, was wir uns mit der „Agenda 22“ vorgenommen haben. Die Zusammenarbeit hat sehr gut funktioniert. Ich würde uns eine „1-“ geben. Wir haben das Problem, dass uns Corona aufgehalten hat. Und ein paar Streitereien hatten wir auch. Aber ich überlasse die Beurteilung lieber anderen.

Wenn es sich rechnerisch ausgeht, möchten Sie die Zusammenarbeit mit Mario Eustacchio fortsetzen?
Ich habe ja alles durchprobiert (lacht): Rot-Schwarz, Schwarz-Rot, Schwarz-Rot-Blau, Schwarz-Grün, zwei Jahre hatten wir auch ein Übereinkommen mit der KPÖ, und jetzt eben Schwarz-Blau. Ich kann mir eine Fortsetzung vorstellen - aber das entscheidet letztlich der Wähler.

Die mangelnde Abgrenzung von ganz Rechts, Stichwort Identitäre, neuerdings die Corona-Fundamentalkritik - viele fragen sich, wie man darüber hinwegsehen kann.
Zur Geschichte mit den Identitären glaube ich, klare Worte gefunden zu haben. Ich muss auch sagen, dass es seitdem nichts gegeben hat. Und was Corona anbelangt: Andere Meinungen muss man akzeptieren, dass ich damit keine Freude hab, habe ich zum Ausdruck gebracht. Aber wir brauchen weder Neuwahlen noch eine konfuse Situation in der Stadtregierung und im Gemeinderat. Wir haben uns in diesen Fragen bis jetzt immer zusammengerauft. Wir werden bis zum Ende der Legislaturperiode arbeiten. Es ist jetzt einfach nicht die Zeit für Spielchen.

Wie grün ist Siegfried Nagl eigentlich?
Ich bin seit bald 18 Jahren Bürgermeister. Auch deswegen, weil ich immer zum richtigen Zeitpunkt verstanden habe, was den Menschen wichtig ist. Sie wollen Klimaschutz, weniger Verkehr, mehr Grünraum, eine bessere Luft - dafür setze ich mich ein. Es gab Zeiten, da haben wir in Graz 200 Feinstaub-Überschreitungstage gehabt, heute sind es weniger als 20. Wir haben eine Fahrradoffensive gestartet, werden 100 Millionen in den Radwege-Ausbau investieren - so viel wie in keiner anderen Stadt in Europa. Der Straßenbahnausbau läuft. Der Siegi Nagl als alter Pfadfinder ist so grün, der hätte die Grünen gar nie gebraucht (lacht). Es ist ein Zug der Zeit, auf den manche aufspringen, ich bin als Lokomotive unterwegs.

Thema Öffi-Ausbau: Können Sie versprechen, dass die Südwest-, die Nordwest- und die Uni-Linie kommen?
Ja! Wir wollen in Gösting einen Nahverkehrsknoten errichten. Die Südwestlinie über den Griesplatz ist bereits in Planung. Und die Uni-Linie kommt ebenfalls. Ich bin aber auch stolz darauf, was bereits gelungen ist: Wir haben die Linien in Liebenau und in St. Peter verlängert, die Nahverkehrsknoten Don Bosco und Puntigam gebaut, den Hauptbahnhof umgebaut. Aktuell gibt es drei Projekte: die Linie nach Reininghaus, die bereits in Bau ist, die Linie zur Smartcity und die Ausweichstrecke durch die Neutorgasse. In Summe haben wir 700 Millionen Euro für den öffentlichen Verkehr ausgegeben.

Wie ist der Stand der Dinge bei den U-Bahn-Plänen?
Es braucht einfach diese Ergänzung. Wir haben das von Experten auch prüfen lassen. In den nächsten Wochen wollen wir nun die konkreten Pläne präsentieren. Wir brauchen einen möglichst großen Schulterschluss - dann werden wir bei Verkehrsministerin Gewessler, Finanzminister Blümel und Bundeskanzler Kurz auch gehört werden. Linz und Salzburg haben es vorgemacht.

Viele stören sich daran, dass Graz so stark verbaut wird. Was spricht gegen einen Baustopp, wie ihn manch einer fordert?
Das geht vielleicht in einer Kleingemeinde, aber nicht in einer Stadt wie Graz. Wir haben so gut wie kein neues Bauland ausgewiesen. Es gibt Umwidmungen, ja: Gewerbegebiete werden umgebaut. Ein schönes Vorher-nachher-Beispiel sind die Eggenberge - früher war dort der Ford Reisinger, da war kein Fleckerl grün, alles war zuasphaltiert, jetzt gibt es begrünte Außenbereiche, im Innenhof stehen Bäume. Ich weiß, dass es manchmal richtig wehtut, wenn gebaut wird, aber ich kann da nichts dagegen tun - das ist ein Recht: Wenn jemand ein Grundstück hat, kann er darauf bauen. Die Baudichte ist vorgegeben, manchmal seit 50, 60 Jahren. Statt einem Einfamilienhaus entstehen dann oft fünf Wohnungen. Wir versuchen aber mit Bebauungsplänen einzugreifen. Die Alternative wäre, dass die Leute aufs Land ziehen - mit dem Ergebnis, dass wir noch mehr Verkehr in Graz haben.

Ist eine Leerstandserhebung geplant?
Wir haben das anhand der Stromanmeldungen gecheckt. In Graz stehen 3000 bis 3500 Wohnungen leer. Das ist bei einer Bevölkerung von 300.000 Menschen ganz normal. Und Wohnbau hat ja auch eine soziale Funktion. In Salzburg wird viel weniger gebaut - aber dort ist das Wohnen auch viel teurer. Außerdem darf man nicht vergessen: Als ich Bürgermeister geworden bin, hatte Graz 220.000 Hauptwohnsitze, heute sind es 299.000.

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