Insolvenzexperte warnt

„Viele Firmen werden künstlich am Leben gehalten“

Steiermark
16.12.2020 13:10

Obwohl die Wirtschaft wegen Corona in einzigartiger Weise einbrach, ist die Zahl der Insolvenzen so niedrig wie seit 1991 nicht mehr. Das spiegle aber nicht den tatsächlichen Zustand der steirischen Wirtschaft wider, warnt der Grazer Kreditschützer Rene Jonke vom KSV1870. Durch Stundungen und Hilfsmaßnahmen würden viele Unternehmen „künstlich am Leben gehalten“. Ab dem zweiten Quartal 2021 ist dann mit einem starken Anstieg der Pleiten zu rechnen.

Stundungen, Kurzarbeit, Umsatzersatz: Die öffentliche Hand nimmt Milliarden in die Hand, um die Wirtschaft nicht völlig abstürzen zu lassen. Als paradoxe Folge gibt es 2020 so wenig Firmenpleiten wie schon seit fast 30 Jahre nicht mehr.

Obwohl erst der 16. Dezember ist, hat der KSV die Insolvenzen für das Gesamtjahr hochgerechnet. Demnach sind 389 Unternehmen in der Steiermark zahlungsunfähig geworden, das entspricht einem Rückgang um 33,8 Prozent. Bei 145 Firmen war gar kein Vermögen mehr vorhanden, bei 244 Firmen mit Schulden über insgesamt 269 Millionen Euro wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet.

ATB Spielberg sorgte für Schlagzeilen
Gleich 61 Millionen Euro Verbindlichkeiten hatte die Maschinenbaufirma Hubert Palfinger Technologies aus Gstatterboden, demnach ist es die größte steirische Insolvenz des Jahres. Für die meisten Schlagzeilen sorgte aber ATB Spielberg: Hier wird ja die Produktion ins Ausland verlagert, 360 Menschen verlieren ihren Job.

Ebenfalls in den „Top 5“ der Insolvenzen 2020: die S.A. Beteilungs-GmbH aus Allerheiligen bei Wildon, die Dirninger Rohrleitungsbau- und Montagegesellschaft aus Weißenbach an der Enns und Herzog Kälte Klima Anlagenbau aus Graz. Da insgesamt heuer viele große Betriebe zahlungsunfähig wurden, ist die Gesamtzahl der betroffenen Mitarbeiter im Vergleich zu 2019 sogar gestiegen - von 2709 Personen auf 3078. 

2021 könnte Pleite-Welle folgen
Jonke sieht die Maßnahmen der Bundesregierung durchaus kritisch. „Für eine gesunde Volkswirtschaft ist es wichtig, dass das Insolvenzrecht regelkonform zum Einsatz kommen kann. Die Maßnahmen im Frühling waren wichtig, um die heimische Wirtschaft nicht in den Abgrund stürzen zu lassen. Nun ist es aber umso wichtiger, wieder das bewährte österreichische Insolvenzwesen seine Arbeit machen zu lassen.“ Aktuell würden Unternehmen, die nicht einmal ein normales Jahr überlebt hätten, „künstlich am Leben gehalten“.

Jonke spricht daher von „Insolvenzverschleppung“. Viele Gläubiger würden sich nächstes Jahr verstärkt mit „Null-Quoten“ konfrontiert sehen, viele Arbeitsplätze würden verloren gehen. Jonke: „Wir rechnen ab dem zweiten Quartal 2021 mit einem konstanten Insolvenzanstieg von rund 20 bis 25 Prozent verglichen zu 2019.“

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