Ohne Besuch im Heim

102-jährige Grazerin: „Das Keppeln fehlt mir“

Steiermark
24.11.2020 06:15

Sie hat zwei Kriege überlebt, Krebs, Stürze - Angst macht Olga Krenn mit ihren 102 Jahren nichts mehr. Nicht einmal das Coronavirus.

„Ja, Sie sind das, von Ihnen hab ich ja schon lange nichts mehr gehört, wie geht es Ihnen denn?“ - Was für eine nette Begrüßung. Und was für ein bemerkenswertes Gedächtnis! Genau zwei Jahre ist es her, dass wir mit Olga Krenn ein Interview gemacht haben, als sie 100 Jahre alt geworden war und von ihrem bewegten Leben erzählt hat. Und jetzt erinnert sie sich noch immer daran, ist geistig fit und rege. Und richtig humorvoll: „Ich überbrücke halt die Zeit, bis man dorthin kommt, wo man am Ende halt hinkommt“, sagt die sympathische Dame, die im Grazer „Haus der Barmherzigkeit“ untergebracht ist und sich dort rundum wohl und bestens betreut fühlt.

Im Moment ist Enkerl Daniela Schweigler, die dort seit Langem arbeitet und daher präsent ist, ihre große Stütze; denn Corona hat das Leben, trotz allem, was den Bewohnern an Abwechslung hier geboten wird, einsam gemacht. Nur noch einmal in der Woche für 20 Minuten darf Besuch kommen.

Für die sozial sehr aktive Grazerin ein schwerer Schlag. Schließlich ist oft eine Bekannte vorbeigekommen, einfach so, „zum Keppeln. Das fehlt mir schon sehr.“ So sehr, dass sie sich jetzt schon oft um 16 Uhr fertigmacht fürs Schlafengehen.

Zitat Icon

Ich bin die, die immer hingefallen ist. Und die immer wieder aufgestanden ist.

Olga Krenn, 102 Jahre alt

„Habe mir vorgenommen, nie mehr Angst zu haben“
Vor Corona selbst, sagt die 102-Jährige, hat sie keine Angst. Denn: „Ich hab' mir vorgenommen, nie mehr in meinem Leben Angst zu haben!“ Zu sehr war das Leben bestimmt von ständiger Sorge. Schon damals um den Papa, der Polizist war - und tatsächlich ein Schussattentat nur überlebt hat, weil die Kugel in der Taschenuhr stecken geblieben war. Angst vor den Russen, die ihre Tochter mitnehmen wollten - auf einer Seite des kleinen Mäderls riss der Mann, auf der anderen ließ die weinende Mutter einfach nicht los. Die Verzweiflung verlieh ihr Riesenkräfte, der Soldat gab nach; aber noch oft sollte sie sich mit dem Kind in Panik unter dem Tisch verstecken.

Eine Krebserkrankung hat die betagte Dame - deren oberstes Credo es ist, dass man sich niemals gehen lassen dürfe - auch schon überlebt. Und viele schwere Stürze, zum Beispiel mit 74 Jahren vom Apfelbaum. „Ich war die, die immer hingefallen ist. Aber auch die, die immer aufgestanden ist.“ Was für ein schönes Motto. Noch viele gute Jahre, Frau Krenn!

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