Am 17. Oktober ist der steirische Equal Pay Day. Statistisch gesehen arbeiten die Steirerinnen von jetzt an bis Jahresende gratis. Oder anders gesagt: Männer haben bis zu diesem Tag im Schnitt so viel Geld verdient, wie Frauen für das ganze Jahr bekommen. Eine Ungerechtigkeit, die viele Gründe hat.
10.678 Euro, oder wenn man es auf 14 Gehälter im Jahr aufrechnet: 762,70 Euro brutto im Monat. Um diese Summe verdienen Frauen in der Steiermark im Durchschnitt weniger als Männer. Diese Zahl hat die Arbeiterkammer errechnet. Sie vergleicht dafür die Brutto-Jahresbezüge von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, die ganzjährige in Vollzeit beschäftigt sind.
Mit einem „Gender Pay Gap“ von 20,7 Prozent – Frauen verdienen im Schnitt um diesen Wert weniger – liegt die Steiermark im Mittelfeld. In Wien sind es 13,7 Prozent, in Vorarlberg 27.
Aber woher kommt dieser eklatante Unterschied? Karin Schmidlechner, Historikerin an der Uni Graz, erklärt: „Früher war es nicht vorgesehen, dass Frauen arbeiten. Sie sollten sich um ihren Mann und die Kinder kümmern.“ Die Gesellschaft hat sich verändert – aber dieses alte Rollenbild aus dem 19. Jahrhundert wirkt nach. „Außerdem erreichen Frauen gewisse hohe Positionen nicht so leicht.“
„Männer bekommen mehr Zulagen, Prämien und werden höher eingestuft“, sagt Bernadette Pöcheim, Leiterin der Abteilung Frauen und Gleichstellung bei der AK. „Der Kollektivvertrag regelt nur den Mindeststandard. In der Praxis gibt es für gleiche Arbeit nicht gleich viel Geld.“ Ein großes Problem: Intransparenz. Auch Schmidlechner ist sicher: „Es gibt viel Handlungsspielraum, Frauen weniger zu bezahlen.“
Bei Männern führt ein Familienfoto am Bürotisch zu sozialem Status, bei Frauen führt es dazu, dass Arbeitgeber sie als unflexibel wahrnehmen.
Bernadette Pöcheim, AK Steiermark
Leobnerin und Grazerin trennen 10 Prozent
Nicht jede Steirerin ist vom „Gender Pay Gap“ gleich stark betroffen. So klafft er in Leoben und Bruck-Mürzzuschlag besonders weit auf, in der Landeshauptstadt ist er am geringsten. „In der Stadt gibt es besser bezahlte Jobs und mehr Kinderbetreuung“, erklärt Pöcheim. „Außerdem ist die Industrie männlich – und überall, wo Männer arbeiten, wird besser bezahlt.“
Dabei habe man gerade durch Corona gesehen, dass Frauen in schlecht bezahlten Berufen das System erhalten – Kassiererinnen im Supermarkt, Pflegerinnen etc. „Die Bewertung der Arbeit müsste neu ausgerichtet werden“, sagt Pöcheim.
Viele Männer entwickeln ein Bewusstsein für dieses Problem erst durch Betroffenheit: wenn sie eine Tochter haben, die ungerecht bezahlt wird.
Karin Schmidlechner, Uni Graz
Was sich in den Zahlen nicht widerspiegelt, ist die Arbeitszeit. Rund die Hälfte der berufstätigen Steirerinnen arbeitet in Teilzeit. „Wenn der Kindergarten um 14 Uhr zusperrt, können nicht beide Elternteile Vollzeit arbeiten“, sagt Pöcheim. In über 20 Prozent der steirischen Gemeinden fehlt das entsprechende Angebot.
Mehr Vorbilder für die jungen Steirerinnen
Immerhin bewegt sich der Trend in die richtige Richtung, der Equal Pay Day verschiebt sich langsam, aber stetig, nach hinten. „Sichtbarkeit von Frauen in Führungspositionen wäre wichtig“, sagt Schmidlechner. Außerdem müssten Familien und Schulen Mädchen mehr ermutigen, neue Wege zu gehen und einzufordern, was ihnen zusteht.
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