Zoologin im Interview

„Wölfe sind Menschen stets einen Schritt voraus“

Tirol
12.06.2020 11:06

Unter Tirols Landwirten geht die Angst vor dem Wolf um. Wohl niemand weiß besser über das Wesen dieses geschützten Tieres Bescheid als die Zoologin Pascale Wiesenthal-Jüch, die im Innsbrucker Alpenzoo Wolfswelpen mit der Flasche aufgezogen hat. Sie tritt für ein gezieltes Monitoring der Wölfe ein. Für Menschen seien sie keine Gefahr.

„Krone“: In Tirol wurden heuer schon zahlreiche Schafrisse auf Almen durch einen oder mehrere Wölfe nachgewiesen. Wieso zieht es diese Tiere ausgerechnet hierher?
Wiesenthal-Jüch: Von Jänner bis März ist Paarungszeit, da wandern die Wölfe – vor allem die Rüden – oft Hunderte von Kilometern, bis sie einen Partner finden. Dann siedeln sie sich dort an und gründen ein Rudel.

Für die Almbauern stellt dies ein Riesenproblem dar.
Ja, das sehe ich genauso, zumal sich Herdenschutz in Almgebieten nur sehr schwer umsetzen lässt. Mit Schafen haben Wölfe leichtes Spiel, einige spezialisieren sich auf diese Beute. Diese Wölfe wollen wir nicht.

Viele Bauern sind vor allem deshalb entsetzt, weil die Wölfe nach einem Beutezug eine Spur des Grauens hinterlassen. Meist werden mehrere Tiere nur schwer verletzt, aber nicht gefressen. Wieso?
Da kommt der Instinkt zum Tragen. Man kann es vergleichen mit dem Fuchs im Hühnerstall. Der schnappt sich auch nur ein Huhn, alle Hühner, die flüchten, werden gejagt und getötet. Hunde handeln ähnlich. Das lässt sich leider nicht ändern. Wir Menschen sind in einigen Bereichen aber ebenfalls nicht besser.

Kann es effektiven Herdenschutz auf Almen geben?
Es bestehen Möglichkeiten – etwa durch den Einsatz von Hunden, Eseln oder Alpakas. Esel schreien laut, Alpakas spucken und teilen ordentlich aus. Da laufen die Wölfe weg. Allerdings sind Wölfe extrem schlaue Tiere. Sie entwickeln sich weiter und überlisten uns Menschen. Wir wollen am liebsten, dass alles gleich und beim Alten bleibt. Mit dieser Einstellung ziehen wir gegen den Wolf den Kürzeren.

Wie bekommt man das Problem sonst in den Griff?
Zunächst einmal brauchen die Bauern nach Wolfsrissen sofort finanzielle Unterstützung und nicht erst nach einigen Wochen, wenn vielleicht endlich die DNA-Analyse eintrifft. Dabei könnten Hunde helfen, die man auf das Aufspüren von Wolfsfährten trainiert. Da steht rasch fest, ob ein Wolf da gewesen ist. Unabhängig davon trete ich für Monitoring mit Peilsendern ein.
Wölfe, die echte Probleme darstellen, kann man auch entnehmen, jedoch als allerletztes Mittel der Wahl nach dem Monitoring, wenn sie sich tatsächlich als Problemtiere entpuppen. Und generell sollten sich alle Betroffenen – Landwirte, Jäger, Tierschützer und auch Politiker – zusammensetzen und nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner suchen.

Stellen Wölfe eine Gefahr für den Menschen dar?
Nein. Wer auf einen Wolf trifft, sollte laut sein, schreien, mit einem Stock auf den Boden hauen. Wölfe sind scheu, sie hauen dann ab.

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