„Maßnahmen nötig“

Corona verstärkt die soziale Ungerechtigkeit

Tirol
01.05.2020 08:30

Die Corona-Krise hat uns mit voller Wucht getroffen. Doch wie stark Einzelne davon betroffen sind, ist eine Klassenfrage, wie eine Studie zeigt. Die soziale Ungerechtigkeit steigt.

Für jeden vierten Arbeitnehmer hat Corona die Situation massiv verändert, zeigt eine Studie der Uni Wien. Wer eine höhere Ausbildung hat und gut verdient, kann eher im Homeoffice arbeiten. Viele Menschen mit Lehrabschluss und niedrigem Einkommen verlieren hingegen tendenziell eher ihre Arbeit.

Macht die Pandemie unsere Welt also noch ungerechter? „Ja“, sagt Andreas Exenberger, seines Zeichens Wirtschafts-, Sozialhistoriker und Armutsforscher an der Universität Innsbruck.

„Anstecken oder verhungern als Wahl“
„Maßnahmen und finanzielle Verluste treffen die Menschen sehr unterschiedlich“, erklärt er. „Global gesehen müssen sich viele Menschen entscheiden, ob sie sich anstecken oder verhungern“, bringt es Exenberger auf den Punkt.

„Schutz ist auch eine Frage des Geldes“
In Österreich gebe es ein gutes Sicherheitsnetz, die Unterschiede seien hierzulande nicht so drastisch wie etwa in den USA. Auch weil hier der Zugang zum Gesundheitssystem wesentlich leichter sei.

Dennoch: Auch in Österreich gab es schon vor dem Virus Studien, die ein niedriges Einkommen in Zusammenhang mit einer geringeren Lebenserwartung bringen. Denn ob und wie man sich vor Krankheiten schützen kann, sei auch eine Frage des Geldes.

„Jetzt handeln, sonst verschärft sich die Lage“
Auch wenn das Virus selbst vor niemandem Halt macht – Corona ist kein Gleichmacher, so viel steht fest. „Die steigende soziale Ungerechtigkeit muss also von der Politik abgefedert werden, ansonsten wird sich das Problem massiv verschärfen“, macht Exenberger deutlich.

Das passiere nun auch, etwa durch die Härtefonds – „langfristig wird das aber nicht reichen“, sagt der Experte und sieht in der aktuellen Krise eine Entscheidungssituation: „Wir können nun eine Welt schaffen, in der wir auch leben wollen.“ Da man aufgrund der Pandemie ohnehin Maßnahmen setzen muss, kommt es nun auf deren Gestaltung an.

„Klimakrise nicht vergessen“
Es brauche eine gute Sozialpolitik, die nicht gegen eine Klimapolitik ausgespielt werde, erklärt der Professor. „Denn wenn wir die Klimakrise nicht in den Griff kriegen, stellen sich all die anderen Fragen nicht mehr.“

Etwa in Form einer fairen Entlohnung für die so genannten systemrelevanten Berufe, die nun in aller Munde sind – und einer Aufteilung der Lasten. „Eine schuldenfinanzierte Politik, wie sie gerade passiert, ist der richtige Ansatz. Keinesfalls darf man nun aber öffentliche Leistungen zurückfahren und es sich bei denen nehmen, die ohnehin nichts haben“, betont Exenberger.

„Debatte um Vermögenssteuer nötig“
Blickt man in andere Länder, werde schnell deutlich, was passiert, wenn man an den falschen Enden - etwa dem Gesundheitssystem - spart. Dennoch müssen die nun aufgenommen Schulden irgendwann zurückbezahlt werden. Exenberger hält eine Debatte um Vermögensbesteuerung deshalb für unbedingt nötig.

„Große Erbschaften und Schenkungen sind in Österreich so niedrig besteuert wie kaum wo auf der Welt. Hier braucht es jedenfalls Änderungen. Auch eine befristete Solidarabgabe von höheren Einkommen, die in der Krise nicht gelitten haben, wird sicher zu diskutieren sein“, verdeutlicht Exenberger. „Wir können nun entscheiden, wie die Welt der Zukunft aussehen soll“, betont der Forscher.

Anna Haselwanter
Anna Haselwanter
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