Nach der „vielleicht schwersten publizistischen Krise“ beim „Spiegel“, wie es die Chefredaktion formulierte, hat der zahlreicher Fälschungen überführte Journalist Claas Relotius seine vier renommierten Deutschen Reporterpreise zurückgegeben. Damit kam er einer möglichen Aberkennung zuvor, denn die Jury beriet seit Mittwoch über Konsequenzen. Der „Spiegel“ hatte am Mittwoch bekannt gegeben, dass der 33-jährige preisgekrönte Redakteur Reportagen ganz oder teilweise systematisch gefälscht hatte.
Er habe dabei Charaktere, Zitate und Begebenheiten erfunden oder die Biografien von realen Protagonisten verfälscht. Relotius schrieb für den Verlag seit 2011 knapp 60 Texte, seinen Angaben zufolge sind 14 betroffen. Der „Spiegel“ kündigte eine umfassende Aufarbeitung an. Das Ausmaß der Fälschungen sei bisher noch unklar.
Auch preisgekrönte Texte betroffen
Relotius war bekannt für sehr aufwendige Reportagen über besondere Menschen, die zugleich politische und gesellschaftliche Probleme beleuchten. Von den Fälschungen betroffen sind laut „Spiegel“ auch mehrere seiner preisgekrönten Erzählungen - darunter die Reportage „Löwenjungen“ über zwei angeblich von der Dschihadistenmiliz IS entführte irakische Kinder und der Text „Nummer 440“ über einen vermeintlich im US-Straflager Guantanamo inhaftierten Islamisten.
„Tiefpunkt“ der „Spiegel“-Geschichte
Der „Spiegel“ bezeichnete die Vorgänge als „Tiefpunkt“ in seiner 70-jährigen Geschichte. Aufgedeckt wurden die Fälschungen demnach durch einen anderen Mitarbeiter, der mit Relotius gemeinsam eine Geschichte recherchierte und Ungereimtheiten bemerkte. Der Verlag kündigte an, seine Qualitätssicherungs- und Kontrollmechanismen auf den Prüfstand zu stellen. Das bisherige System sei „lückenhaft“.
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