Auf Draculas Spuren

Julie Delpy ist “Die Gräfin”

Kino
15.07.2009 16:51
Julie Delpy wagt sich in dem Film „Die Gräfin“, ihrer zweiten Regiearbeit, an eine schaurige Mär rund um blutrünstigen Schönheitswahn. Sie weiß, wie es ist, das Alphabet der Gefühle durchzuexerzieren. Als Frau, die sich der Leidenschaft öffnet. Und als Aktrice und Filmemacherin. Mit der Rolle der blutjungen Geliebten in „Homo Faber“, eine Verfilmung des Max-Frisch-Romans, erspielt sich Julie Delpy 1991 erstmals internationale Anerkennung. Später setzte sie schauspielerische Glanzpunkte in Filmen wie „Drei Farben: Weiß“ oder „Killing Zoe“.

Unvergessen die beiden Kino-Romanzen „Before Sunrise“ und „Before Sunset“, die von zärtlicher Annäherung erzählen - eine Nacht lang in Wien und sehr viel später in Paris, das den Liebenden Julie Delpy und Ethan Hawke das schönste Pflaster bereitet. Auch in ihrem Regie-Debüt „Zwei Tage in Paris“ blieb die Französin mit Wohnsitz in Los Angeles der Seine-Metropole treu.

Nun, in ihrem zweiten Regiestreich, „The Countess - Die Gräfin“, ein Film, für den sie Filmmusik und Drehbuch verfasste und auch gleich als titelgebende Aristokratin vor der Kamera stand, nimmt sie sich eines legendenumwobenen Dramas an. Es ist dies die düstere Mär der Gräfin Erzsébet Báthory (1560–1614), Spross eines fürstlichen Geschlechts aus Siebenbürgen, das im 15. Jahrhundert in Ungarn heimisch wurde.  

„Gräfin Dracula“
Um ihrem jungen Geliebten - im Film: Daniel Brühl - zu gefallen, hing diese einem mörderischen Schönheitswahn nach und badete, so erzählt man sich, im Blut unbefleckter Zofen - eine Art vorsintflutliche Stammzellenkur im Waschzuber, von der sie sich Alabasterhaut und ewige Schönheit erhoffte. Eine glücklose Liebe, die die Gräfin zur blutrünstigen Raserei treiben sollte. Eine speziell konstruierte Eiserne Jungfrau fungierte als Blutpresse! Nicht umsonst wird ihr eine gewisse Nähe zu Graf Dracula nachgesagt. Immerhin ging zu ihren Lebzeiten ein wichtiges Lehensgut, das einst Dracula gehörte, in Erzsébets Besitz über.

Schwere Kost also in historischen Gewändern, durchwoben von schaurig-verstörender Ästhetik. Julie Delpy interpretiert die Blutgräfin Erzsébet als eine zur Gefühlslosigkeit erzogene Frau und zeigt das Sittenbild einer dekadenten Gesellschaft, in der Tugend und Frauen gleichermaßen wenig galten. Delpy: „Leidenschaft kann einen schon in den Wahnsinn treiben. Verschmähte Liebe umso mehr. Gefühle, die dein Herz sprengen, sind einfach irrational. Damals wie heute lassen Affären Menschen bisweilen den Verstand verlieren und bergen mitunter ein ungemein zerstörerisches, auch selbstzerstörerisches Potential!“

„Die perfekte Beziehung gibt es nicht“
Sie, die sich selbst als mittlerweile geerdete Romantikerin bezeichnet, ist im Frühjahr Mutter eines Sohnes, Leo, geworden - und musste zur gleichen Zeit den Tod ihrer Mutter beklagen. Neubeginn und Melancholie. Delpy: „Wer nicht über den Tod nachdenkt, denkt auch nicht über das Leben nach.“ An der Seite des deutschen Filmkomponisten Marc Streitenfeld, Vater ihres Kindes, hat die 39-Jährige ihr Glück gefunden. Mit kleinen Vorbehalten. Delpy: „Die perfekte Beziehung gibt es nicht. Aber perfekte Momente des Glücks, die gibt es! Und die zu sammeln mache ich mir nun zur Aufgabe! Wichtig ist: Das Feuer darf nie ausgehen. Nicht im Herd und nicht im Herzen!“ 

Was will sie ihrem Sohn einmal mitgeben? Delpy: „Gesunde Neugier. Unangepasstheit. Und das Wissen, dass absolute Perfektion nicht erstrebenswert ist. Weil sie das Ende ist. Von allem. Im Leben. In der Liebe. Es ist doch so: Wenn du etwas perfektioniert hast, gibt es nichts mehr zu tun!“ 

Der Film „Die Gräfin“ ist die Ausnahme nach einer Reihe beschwingter Romantikkomödien. „Schauspiel als Ekstase kann bisweilen ganz befreiend sein. Umso entspannter verläuft dann der Alltag. Und eines habe ich mittlerweile erkannt: Wirklich abgöttisch liebt man nur sein Kind“, sagt Delpy. Welche Macht hat also die Liebe? Delpy: „Alle Macht! An gebrochenem Herzen zu sterben mag vielleicht aus der Mode sein, aber irgendwie gefällt mit der Gedanke!“ („The Countess - Die Gräfin“, ab 17. Juli im Kino).    

von Christina Krisch, Kronen Zeitung

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