Firmenchef klagt an

Keiner will Job: “Schuld ist das System”

Tirol
25.06.2017 22:01

"Biete Jobs, aber keiner will sie" - unter diesem Motto beklagte der Stubaier Firmenchef Dominik Jenewein seinen Frust bei der Personalsuche - wir berichteten, siehe http://www.krone.at/tirol/chef-suchte-personal-anpacken-wollte-nur-einer-ernuechterndes-fazit-story-575598 Seiner Facebook-Schilderung und dem Bericht in der Sonntags-"Krone" folgte eine Flut von Reaktionen. Im Interview sagt der Unternehmer, was seiner Meinung nach falsch läuft und wo man ansetzen sollte.

Herr Jenewein, welches Echo haben Sie nach Ihrem Facebook-Beitrag und dem "Krone"-Sonntagsbericht erlebt?

Meine Schilderung von der frustrierenden Personalsuche wurde auf Facebook fast 3000 Mal geteilt und dutzendfach kommentiert, nach dem Zeitungsbericht ging’s munter weiter. Viele Unternehmer mit den selben Problemen meldeten sich. Aber auch fleißig Arbeitende, die ebenfalls meiner Meinung sind.

Welches Fazit ziehen Sie nach drei Wochen ernüchternder, frustrierender Personalsuche?

Unser System braucht dringend eine Veränderung. Viele liegen in der sozialen Hängematte und lassen sich von anderen, hart arbeitenden Personen das Leben finanzieren. Das gilt nicht nur für Ausländer, sondern auch für Österreicher. Ich habe sechs Nationen in meiner Firma, also nichts gegen Ausländer, die sich wenigstens bewerben.

Sie sehen die Schuld also weniger bei den Einzelnen?

Man darf Personen mit positiver Asylberechtigung und anderen Mindestsicherungsbeziehern nur wenig Vorwürfe machen. Unser System macht vielfach kaum einen Unterschied, ob man Mindestsicherung bezieht und vielleicht noch geringfügig beschäftigt ist oder ob man 40 Stunden arbeitet. Da sinkt die Motivation.

Vielleicht bietet Ihre Firma ja keine geeigneten Jobs?

Wir sind ein topmodernes Unternehmen mit vielen positiven Aspekten für Mitarbeiter. Auch im digitalen Bereich sind wir stark tätig, arbeiten mit hochmodernen CNC-Maschinen. Die junge Führungsstruktur wäre ein Anreiz für Lehrlinge. Fast alle Mitarbeiter sind schon lange Zeit bei uns und haben ,Beförderungen’ erlebt.

Was sagen Sie zu Kritikern, die 1300 Euro netto als zu wenig ansehen?

Diese Lohnhöhe ist für Personen ohne Ausbildung kein unzumutbarer Einstiegsgehalt. Als Unternehmer ist es leider sehr schwierig, klassischen Hilfsarbeitern mehr als 1300 Euro netto zu geben, da die Abgaben und Lohnnebenkosten immens hoch sind. Facharbeiter verdienen weit mehr.

Wie könnte man den Reiz für Arbeit erhöhen?

Indem ein Unternehmer seinen Mitarbeitern steuerfrei einen Teil vom Gewinn ausschütten darf - zum Beispiel zehn Prozent. Das würden sicherlich viele Unternehmer machen, wodurch der Verdienst steigt und arbeiten attraktiver wird. Derzeit werden Unternehmer für Gewinne steuerlich bestraft, anstatt den fleißigen Mitarbeitern etwas davon abgeben zu dürfen.

Und wenn das trotzdem noch zu wenig Anreiz ist?

Ich würde jeden Mindestsicherungsbezieher in Gemeinden und öffentlichen Institutionen Arbeiten verrichten lassen. Wälder aufräumen oder Hilfsarbeiter-Jobs in Altersheimen usw. Die Personen bekommen vom Staat Geld, dann sollen sie auch für den Staat etwas tun. Das müssen ja nicht 40 Stunden sein, so viel Arbeit gäbe es vermutlich gar nicht. Aber wenn es wöchentlich 15 bis 20 Stunden sind, bringt das die Menschen näher an die Arbeitswelt ran.

Andreas Moser, Kronen Zeitung

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