Prozess in Innsbruck

Fall Jakob: Arzt sah “keinen Grund für eine Einweisung”

Tirol
21.07.2011 15:38
Mit nur zweieinhalb Jahren hat der kleine Jakob aus Osttirol 2009 sterben müssen. Seinen Eltern wird eine Mitschuld vorgeworfen, ebenso wie seinem behandelnden Arzt, der sich am Donnerstag vor dem Landesgericht Innsbruck für nicht schuldig erklärte. Der Bub litt an einem schweren angeborenen Immundefekt, er habe bis zuletzt "keine Indikation für eine Einweisung in ein Krankenhaus" gesehen, so der Allgemeinmediziner gegenüber Richterin Gabriele Lukasser. Der Prozess wurde vertagt.

Dem Mediziner wird laut Anklagebehörde vorgeworfen, "nicht den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend behandelt" zu haben. Der kleine Jakob litt an einer Erbkrankheit, die das Immunsystem schwächt. Die Eltern, denen vorgeworfen wird, trotz der schweren Vorerkrankung des Buben die Verabreichung notwendiger Medikamente abgelehnt und nicht für die ausreichende Ernährung des Kindes gesorgt zu haben, versorgten das Kleinkind bis zu seinem Tod im März 2009 zu Hause.

Er sei nur seinem Auftrag zur homöopathischen Behandlung nachgekommen, erklärte der Beschuldigte am Donnerstag. Die Eltern hätten außerdem eine Krankenhausbehandlung von vornherein abgelehnt. "Es gab keine Chance, daran etwas zu ändern", meinte der Mediziner. Ein wesentlicher Grund für die Ablehnung einer Behandlung im Krankenhaus vonseiten der Eltern sei die Angst gewesen, dass das Jugendamt Jakob zu sich nehmen würde. Ein Krankenhausaufenthalt wäre "gleichbedeutend mit der Wegnahme des Kindes" gewesen, erklärte der 48-Jährige die Ansicht der Eltern.

Wachstum des Kindes als positives Zeichen interpretiert
Der Bub soll laut Obduktionsbericht eine akute Lungenentzündung und eine teilweise Zersetzung des linken Gehörgangs aufgewiesen haben. Jakob habe zwar "wellenförmig" an einer Bronchitis gelitten und wegen Durchfalls immer wieder mal abgenommen, schilderte der Mediziner. Dass das Kind aber gewachsen sei, habe er als positives Zeichen für eine Stabilisierung gewertet. Für ihn habe es keinen Grund gegeben, das Kind in ein Krankenhaus einzuweisen.

Den Verantwortlichen der Kinderklinik habe der Hausarzt als "Vertrauensperson" versprochen, sich zu melden, sollte sich die Einstellung der Eltern bezüglich einer klinischen Behandlung ändern. Gänzlich anders lauteten hingegen die Aussagen des als Zeugen geladenen Oberarztes der Kinderklinik, Andreas Klein-Franke. Er gab an, mit dem Allgemeinmediziner ausgemacht zu haben, dass dieser die Klinik im Falle einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Buben informiere und mit den Eltern nochmals über eine für das Kind lebensnotwendige Knochenmarktransplantation spreche.

Angeklagten drohen bis zu zehn Jahre Haft
Den Eltern wird vorgeworfen hatten sich am ersten Prozesstag teilweise schuldig bekannt. Sie hätten schlechte Erfahrungen bei der Behandlung ihrer beiden in den 90er-Jahren an derselben Krankheit verstorbenen Babys gemacht und Angst gehabt, dass man ihnen Jakob wegnehmen würde (siehe Infobox). Den drei Beschuldigten drohen im Fall einer Verurteilung wegen des Vorwurfs des Quälens und der Vernachlässigung mit Todesfolge bis zu zehn Jahre Haft. Der Prozess soll am 15. September fortgesetzt werden.

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