¿Ich lese das Spiel¿

Gehörloser Fußballprofi in zweiter deutscher Liga

Fußball
13.07.2007 18:09
Stefan Markolf, Abwehrspieler des Zweitligisten FSV Mainz 05, ist seit Geburt zu 90 Prozent gehörlos. Einen Sonderstatus genießt er nicht, aber er ist einzigartig im deutschen Profi-Fußball. "Profi zu werden, war immer mein Traum. Dass ich es gepackt habe, macht mich schon ein bisschen stolz", sagt der 23-Jährige.

"Der Junge hat Perspektive. Er hat sich die Chance in den letzten drei Jahren in unserer zweiten Mannschaft hart erarbeitet", sagt der Mainzer Trainer Jürgen Klopp. Der Sprung ins Rampenlicht der zweiten Liga kommt für Markolf womöglich schneller als gedacht: Marco Rose, als Linksverteidiger beim Bundesliga-Absteiger eigentlich gesetzt, zog sich in einem Testspiel gegen den kroatischen Vizemeister Hajduk Split einen Bruch des äußeren Mittelfußknochens im rechten Fuß zu und fällt damit zum Saisonstart am 12. August aus. Beste Chancen also für Markolf, gleich in die Startelf zu rutschen.

„Ich kann das Spiel lesen“
Fachleute wie der Bundestrainer der deutschen Gehörlosen- Nationalmannschaft, Frank Zürn, bewerten den Aufstieg des Linksverteidigers als Sensation. Markolf nimmt es eher gelassen, fast wie selbstverständlich. "Von klein auf habe ich die Konzentration auf das Sehen ausgerichtet. Ich kann das Spiel lesen und bin nicht so sehr auf Zurufe angewiesen", erklärt Markolf, der für die Profikarriere die Ausbildung zum Physiotherapeuten abbrach.

3.000 Euro teure und selbst bezahlte Hörgeräte, die sehr widerstandsfähig sind und auch bei Nässe ihren Dienst tun, erleichtern dem Mainzer Linksverteidiger das Hören. Zur besseren Kommunikation aber braucht Markolf Sichtkontakt zum Gegenüber. Er liest von den Lippen. "Das ist absolut notwendig", sagt er. Mit dem Sprechen hat der Jung-Profi wenige Probleme. Mal verschluckt er eine Silbe, mal geht es etwas stockend, doch immer kann er sich klar verständlich machen.

Schiri-Pfiff „überhört“
"Das ist ein ganz Lustiger. Auf ihn können wir bauen", sagt Klopp. Im Spiel sucht Markolf oft Blickkontakt zu ihm und den Mitspielern, orientiert sich an Gesten. Einmal überhörte er gegen Split einen Pfiff des Schiedsrichters und spielte weiter. "Das passiert schon mal", sagt Markolf. Um Missverständnissen vorzubeugen, wird vor dem Spiel der Schiedsrichter über das Tragen der Hörgeräte informiert.

Foto: 1. FSV Mainz 05

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