Russisches Roulette

Geheimakte Tunguska

Spiele
04.09.2006 15:55
Versprochen wird in der Welt der Computerspiele bekanntlich viel - "Geheimakte Tunguska" machte mit besonders ambitionierten Ankündigungen von sich reden. Kein Spieler werde im Game unfair gefordert, Frust ein nicht gekanntes Gefühl in diesem Adventure bleiben, so die Entwickler. Ganz funktioniert hat das zwar nicht, dennoch begeistert das klassische Abenteuer mit spannender Story, guten Dialogen und einem interessanten Spielverlauf.

Der Anfang von "Geheimakte Tunguska" verspricht viel - auf geheimnisvolle Art und Weise verschwindet ein Wissenschaftler, bedroht von einem unheimlichen Wesen in schwarzer Robe.

Die erste Rendersequenz begeistert: der Ausdruck des Forschers, seine Augen, seine Haut - inklusive Falten und Poren -, sein Mund, der Ausdruck in seinem Gesicht, wunderbar! Der Schnitt macht jedem Hollywoodfilm Ehre, Spannung kommt auf - wohin ist Doktor Kalenkow verschwunden? Alles dreht sich in "Geheimakte Tunguska" um eine geheimnisvolle Explosion, die sich im Jahr 1908 im sibirischen Wald Tunguska wirklich zugetragen hat und bis heute nicht geklärt ist.

Nur gemeinsam zum Erfolg
Auf die Suche nach Doktor Kalenko macht sich seine Tochter Nina, eine smarte rothaarige Schönheit. Spielerinnen verdrehen hier die Augen - eine weitere gut gebaute Lara-Croft-Imitation... Doch halt, sie steigt auf ein schnittiges Motorrad und kriegt gleich mehrmals einen derart herben Schlag verpasst, dass sie erst Stunden später mit Kopfschmerzen erwacht. Unterstützt wird die harte aber herzliche Nina von Max, einem Kollegen ihres Vaters, in den sie sich - natürlich - Hals über Kopf verliebt. Einige Rätsel und Aufgaben sind nur zu zweit zu erfüllen, was die Spieldynamik entscheidend verändert und erfordert, über das Inventar einer Person hinaus zu denken.

Hilfe allerorten
Die ersten Rätsel fallen leicht, laute Musik muss abgestellt, ein verängstigter Hausmeister befreit und bunte Glassteine kombiniert werden. Besonders komfortabel - wenn auch unter Hardcore-Adventure-Fans wahrscheinlich verachtet - ist die Möglichkeit, sich wichtige Stellen anzeigen zu lassen. Das ist zwar nur selten nötig, manchmal aber - gerade wenn scheinbar kein Weiterkommen ist - die einzige Chance auf Erfolg. Bei den wenigen wirklichen Logikrätseln ist außerdem eine Hilfe im immer verfügbaren Tagebuch zu finden.

Im Spiel erfreuen zahllose Zwischensequenzen, sie sind offensichtlich mit bewundernswerter Liebe zum Detail erstellt worden - wie im Spielfilm wird die Geschichte so vorangetrieben. Nina überbrückt dank dieser Einlagen rasch weite Distanzen - von Deutschland aus geht es unter anderem nach Irland, Kuba und Russland. Alle Schauplätze unterscheiden sich voneinander, einmal ist Nina im Zug unterwegs, dann wieder im Wald, einer heruntergekommenen Hütte, dem Museum ihres Vaters oder dem ewigen sibirischen Eis.

2D und 3D gekonnt vereint
Wenn auch für ein Adventure meist nicht maßgeblich, soll der Grafik von "Geheimakte Tunguska" trotzdem gebührend Respekt gezollt werden. Zwar sind die Schauplätze in 2D gehalten, die Figuren bewegen sich darin jedoch in 3D, was bei diesem Spiel ausnehmend gut funktioniert. Das liegt an den stimmungsvoll inszenierten Schauplätzen genau wie den gut gelungenen Animationen. Außerdem passen sich die Licht- und Schatteneffekte dynamisch an die Umgebung an und sorgen so für noch mehr Spieltiefe.

Logische Kombinationsgabe vonnöten
Die vom Spieler zu erfüllenden Aufgaben und zu lösenden Rätsel werden naturgemäß schwieriger, sie scheinen aber selten unlösbar. Positiv ist, dass jeder Gegenstand mitgenommen werden kann, auch wenn er erst einige Bildschirme später benötigt wird. Das Inventar nimmt manchmal überhand, was auch an den großen Symbolen am unteren Bildschirmrand liegt. Sie zu kombinieren fällt dagegen meist relativ leicht, da dies meist logisch zu erledigen ist: Eine Astgabel und ein Gummiring ergeben eine Schleuder, Butter von einem Brot schmiert, eine Katze liebt Fisch, ein Hund lässt sich mit einem Stück Fleisch ablenken und so weiter.

Kritik zum Schluss
Natürlich ist der Anspruch, der Spieler werde nie eine Komplettlösung zur Hand nehmen müssen, nicht ganz geglückt. Wenigstens an zwei Stellen im Spiel war ohne Hilfe kein Weiterkommen. Im Vergleich zu zahllosen anderen Adventures ist das natürlich trotzdem ein erfreulicher Schnitt. Etwas ermüdend ist, dass Nina und Max innerhalb eines Bildschirms nicht laufen können. Gut gelungen dagegen, dass bei Doppelklick auf Ausgänge gleich der nächste Bildschirm angesteuert wird. Dialoge haben auf den Spielverlauf keine merkliche Auswirkung, sie können ohne Konsequenzen übersprungen werden - was dem Kennenlernen diverser Personen nicht unbedingt gut tut. Andererseits erspart sich der desinteressierte Spieler so eventuell unspannende Gespräche.

Das Spiel ist - mit oder ohne Hilfe - leider recht kurz geraten, außerdem kann der Schluss nicht wirklich zufrieden stellen. Die Auflösung, welchen Plan die Bösewichte verfolgen, ist ziemlich krude und passt auch nicht so recht in die restliche Geschichte. Es scheint, als sei eine Fortsetzung schon in Planung.

Fazit:
"Geheimakte Tunguska" ist eines der besten Adventures der vergangenen Monate. Tolle Grafik trifft auf gut gemachte Zwischensequenzen, die dank Schnitt und imaginärer Kameraführung an Kinofilme erinnern. Kritikpunkte gibt es nur wenige, lediglich dass die Geschichte am Ende an Fahrt verliert, stört wirklich. Die Stimmausgabe ist nahezu perfekt, kaum gelangweilte Sprecher stören die Game-Illusion. In Summe ein mehr als erfreuliches Game für alle, die auf ein nicht allzu erwachsenes Adventure-Game gewartet haben.

Plattform: PC (getestet)
Publisher: Deep Silver
Krone.at-Wertung: 89%

Von Bernadette Geißler

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