Landwirte unter Druck

Billig im Supermarktregal – teuer für Österreich

Tierecke
18.12.2025 18:00

Dass viele Menschen beim Einkauf auf den Preis achten, ist verständlich. Das Geld im Börsel ist knapper geworden. Doch sparen um jeden Preis ist der Ruin unserer Bauern – und das betrifft uns letztendlich alle. 

Bauern zeigten sich empört – und auch so mancher Konsument. In den vergangenen Tagen sorgten sinkende Butterpreise und billige Haltbarmilch aus Deutschland für Aufregung. Während über Lebensmittelpreise gestritten wird, geht das eigentliche Drama aber völlig unter. Dabei geht es nämlich um viel mehr: um die Zukunft der österreichischen Landwirtschaft.

Import trotz Überproduktion
Eine Diskussion über ausländische Milch oder Butter in den Supermarktregalen mag für Konsumenten auf den ersten Blick banal wirken. Allerdings ist jeder Griff zur Importware ein Schlag ins Gesicht unserer heimischen Bauern und befeuert eine Abwärtsspirale, die sich immer schneller zu drehen droht.

Welchen Preis haben zehn Cent weniger?
Österreich produziert mehr Milch, als im eigenen Land getrunken wird. Rund 45 Prozent wird exportiert. Trotzdem setzen einige Lebensmittelhändler verstärkt auf ausländische Ware. Der Grund ist simpel: je billiger der Einkauf, desto höher der Gewinn. Doch was kurzfristig die Kasse klingeln lässt, zerstört langfristig bäuerliche Existenzen in Österreich. Wer heute deutsche Milch kauft, die um lächerliche zehn Cent billiger ist, sorgt morgen dafür, dass der heimische Milchbauer zusperren muss.

Unsere Landwirtschaft steht für Versorgung, Landschaftserhalt und vieles mehr. Doch sie gerät ...
Unsere Landwirtschaft steht für Versorgung, Landschaftserhalt und vieles mehr. Doch sie gerät massiv unter Druck.(Bild: Charlize Davids/peopleimages.com - stock.adobe.com)

Bauernbund und Landwirtschaftskammer warnen: Was mit Milch und Butter beginnt, kann einen Dominoeffekt auslösen. Aktionen wie diese öffnen Tür und Tor für Lebensmittelimporte aus aller Welt. Während Handel und EU-Kommission wegschauen, kämpfen viele Landwirte ums Überleben. Steigende Energiepreise, teures Futter, strengere Umweltauflagen – und gleichzeitig ein beinharter Wettbewerb, da geht so manchem Landwirt sprichwörtlich die Luft aus. Da geht es nicht um Gier oder Luxus, sondern um nacktes Überleben.

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Höchste Anforderungen zu billigsten Preisen bringen unsere Bauernhöfe um.

Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer

Laut dem Verein „Land schafft Leben“ schließen in Österreich täglich mehrere landwirtschaftliche Betriebe. Die Arbeit wird mehr, die Auflagen strenger, die Erlöse geringer. Planungssicherheit? Fehlanzeige! Und der Druck wirkt längst nicht mehr nur wirtschaftlich. Eine aktuelle Studie zeigt: Immer mehr Bäuerinnen und Bauern leiden unter massiven psychischen Belastungen. Existenzangst, Dauerstress, Schlaflosigkeit, Depressionen – viele Betroffene sprechen nicht darüber. Weil man am Hof „funktionieren muss“, das war schon immer so.

Landwirte im Ausnahmezustand
Bauernbund und Landwirtschaftskammer schlagen seit Monaten Alarm: Der ruinöse Preisdruck macht krank. Wer jeden Tag arbeitet, ohne zu wissen, ob sich diese Arbeit morgen noch rechnet, lebt im permanenten Ausnahmezustand. Die aktuelle Entwicklung bei Milch und Butter wirkt dabei wie ein Brandbeschleuniger. Noch mehr Importe, noch mehr Druck – auf Familien, auf Generationen, auf ganze Regionen.

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Der Ruf nach immer billigeren Lebensmitteln gefährdet unsere Selbstversorgung mit Qualität aus Österreich.

Georg Strasser, Bauernbund-Präsident und Nationalratsabgeordneter

Die Stimmung ist so angespannt, dass Bauernvertreter offen damit drohen, den Lebensmittelhandel nicht mehr zu beliefern, sollte sich nichts ändern. Solche Warnungen kurz vor Weihnachten zeigen, wie ernst die Lage ist. Parallel dazu protestierten Bauern diesen Donnerstag in Brüssel. Sie forderten faire Preise, politische Unterstützung und ein Ende eines Systems, das Produzenten auspresst und Konsumenten mit Billigillusionen ruhigstellt.

Täglich geben rund neun Landwirte für immer auf
Bauernbund-Präsident Georg Strasser, Josef Moosbrugger, Chef der Landwirtschaftskammer, und Hannes Royer vom Verein Land schafft Leben fordern nun einen runden Tisch, an dem auch der zuständige Minister und der Handel teilnehmen sollen. Ziel: Lösungen finden, bevor noch mehr Höfe aufgeben – wirtschaftlich und psychisch.

Moosbrugger, Entenfellner, Strasser und Lattermann im Gespräch über unsre Bauern
Moosbrugger, Entenfellner, Strasser und Lattermann im Gespräch über unsre Bauern(Bild: Eva Manhart)

Österreich hat sich bewusst für hohe Standards entschieden: Tierwohl, Umweltauflagen, Qualität. Wer glaubt, mit Importware günstiger zu fahren, zahlt am Ende doppelt: mit dem Verlust regionaler Arbeitsplätze, mit dem Aus für Familienbetriebe und mit einer Landwirtschaft, die Stück für Stück verschwindet. Und unsere Heimat gilt zwar immer noch als Vorzeigeland in Sachen Tierschutz, aber Sie als Konsument entscheiden mit Ihrem Einkauf darüber, wie gut es das Schwein, Rind oder Huhn in seinem Leben hatte. 

Beim Einkauf ein Zeichen setzen
Ja, es geht derzeit vielen Branchen wirtschaftlich schlecht. Doch die Landwirtschaft ist mehr als ein Wirtschaftszweig. Gerade Krisen wie zuletzt Corona haben gezeigt, wie entscheidend es ist, Lebensmittel im eigenen Land produzieren zu können. Wer im Supermarkt bewusst zu heimischen Lebensmitteln greift, setzt ein Zeichen für die österreichische Landwirtschaft. Denn eines ist klar: Mit Importware verlieren wir mehr als nur ein paar kleine Bauernhöfe. Und vielleicht liegt die Sparlösung nicht nur beim billigen, sondern auch im bewussteren Einkauf: gezielter wählen und damit weniger wegwerfen.

Gastkommentar von Hannes Royer
Wie weit wollen wir noch gehen?

Jetzt ist es also passiert: Monatelang forderte die Politik lautstark billigere Lebensmittel – seit Kurzem liegen nun deutsche Milch und deutsche Butter in den Regalen eines österreichischen Diskonters.

Hannes Royer, Biobauer
Hannes Royer, Biobauer(Bild: Foto: Land Schafft Leben)

Das ist kein Zufall. Das ist die direkte Folge einer verantwortungslosen Debatte. Österreich kann nicht billig produzieren – und sollte es auch nicht. Denn wir sind ein kleinstrukturiertes Land mit einer einzigartigen Kulturlandschaft, die von der Landwirtschaft erhalten wird. Unsere Bauern und Bäuerinnen wirtschaften unter höchsten Standards – ökologisch, tiergerecht, qualitätsorientiert. Und das bei einem Einkommen, das oft nicht zum Leben reicht.

Wer unter diesen Voraussetzungen ständig billigere Preise fordert, sagt in Wahrheit: Österreichische Landwirtschaft ist zu teuer. Die Handelsketten antworten logisch – und fatal – mit Importware. Heute sind es Milch und Butter, morgen folgen Fleisch, Käse und alles andere. Wenn das ins Rollen kommt, verlieren wir zuerst unsere Bauernhöfe, dann unsere Selbstversorgung und unsere gepflegte Landschaft. Und am Ende die zentrale Grundlage unseres heimischen Tourismus. Billig im Regal bedeutet teuer für die Gesellschaft.

Wer glaubt, man könne hochwertige Lebensmittel, Kulturlandschaft und bäuerliche Betriebe erhalten und gleichzeitig immer den billigsten Preis zahlen, der täuscht sich. Der wahre Preis kommt später. Und den zahlen wir alle.

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