Der Grazer „Schriftleiter“ (heute Chefredakteur) der als rechtsextrem geltenden Zeitschrift „Aula“ steht seit Montag in Graz vor einem Geschworenengericht. Es geht um den zentralen Vorwurf der nationalsozialistischen Wiederbetätigung. Der Deutsche leugnet. Der Prozess ist für zumindest neun Tage angesetzt.
Der Hintergrund kurz erklärt: SOS Mitmensch brachte 2018 eine Sachverhaltsdarstellung wegen des Verdachts der NS-Wiederbetätigung sowie der Verhetzung bei der Staatsanwaltschaft ein. Das 300-Seiten-Dossier umfasste auch mehr 200 Belegartikel. Die Menschenrechtsorganisation warf dem Chefredakteur vor, er habe systematisch darauf hingewirkt, Neonazis und wesentliche Teile der Naziideologie in Österreich wieder salonfähig zu machen.
Fast sieben Jahre wurde ermittelt, am Montag startete der Prozess gegen den ehemaligen Chefredakteur und FPÖ-Bezirkspolitiker Martin Pfeifer. Den Vorsitz führt Richter Erik Nauta. Laut Staatsanwalt Christian Kroschl soll der Angeklagte zumindest von 2005 bis Juni 2018, teilweise auch als Autor der in der Zeitschrift publizierten Beiträge, „nationalsozialistische Propaganda-Stereotype“ verwendet und zugelassen haben. Andere sollen so zur NS-Wiederbetätigung angestiftet worden sein.
„Neger und Zigeuner“
„Er hat den Antisemitismus relativiert und verharmlost.“ Personengruppen wurden laut Ankläger als „Neger“ oder „Zigeuner“ bezeichnet. Über sie sei vorwiegend negativ berichtet worden. „Sie wurden pauschal als kriminell, arbeitsscheu und minder intelligent dargestellt“, sagte Staatsanwalt Christian Kroschl in seinem Eröffnungsplädoyer.
„Und es geht nicht um jeden einzelnen Artikel“, betonte der Staatsanwalt, denn das waren über 8000. „Und nicht jeder der Artikel war strafrechtlich relevant. Aber man muss es als Gesamtbild betrachten.“ Und: „In weiten Bereichen gab es da keinerlei Berührungsängste mit dem nationalsozialistischen Gedankengut.“ Es ging nur darum, die etwa 3000 geneigten Leser dazu zu bewegen, sich für die NSDAP zu betätigen.
„Deckmantel der freien Meinungsäußerung“
„Es entspricht dem nationalsozialistischen Stereotyp, ganze Gruppen als Feindbilder auszugrenzen. Mit dem Medienwerk wurde eine Art Plattform geschaffen, unter dem Deckmantel freier Meinungsäußerung rechtsextreme Ziele zu kommunizieren“, so der Ankläger. „Und der Angeklagte war für die Auswahl der Artikel und für sämtliche Inhalte verantwortlich.“
Verteidiger Bernhard Lehofer widerspricht: „Für Dummheit oder Widerwärtigkeit kann man niemand verurteilen. Auch Rechtsextremismus ist in Österreich nicht strafbar.“ Zudem habe der Verfassungsschutz jahrelang mitgelesen, es standen immer die gleichen Sachen drin. „Und jetzt, 15 Jahre später macht man eine Gesamtbetrachtung und haut ihm alles um die Ohren.“
„Meisten sind tot“
Und in Bezug auf die Propaganda-Macherei, womit andere zur Wiederbetätigung aufgefordert worden wären, meint der Verteidiger trocken: „Wer war das Publikum? Keine jungen Heißsporne. Die typische nationalsozialistische Mehrheit sind sehr alte Leute. Und die meisten sind bereits tot.“
Pfeiffer bestätigte vor Gericht, dass er über 20 Jahre Mitglied der FPÖ war. Die Frage von Richter Erik Nauta, ob er noch immer FPÖ-Mitglied sei, wollte der Angeklagte nicht beantworten. Der Prozess ist vorerst für neun Tage angesetzt. Dem Deutschen drohen fünf Jahre Haft.

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.