„Keine Befugnisse“

Überwachungskameras sorgen für Wirbel in Wörgl

Tirol
12.03.2024 11:07

Eine massive Videoüberwachung im Stadtbereich von Wörgl soll laut Bürgermeister Michael Riedhart für mehr Sicherheit sorgen. Doch für diesen Alleingang scheint er keinerlei Befugnisse zu haben, wie die für Sicherheit zuständigen Behörden mitteilen.

George Orwell schrieb im Jahre 1948 den allseits bekannten Roman „1984“. Seine damalige Vision vom totalen Überwachungsstaat ist dem Alltag des Jahres 2024 schon mehr als nahe. Die Gefahren des Orwellschen „großen Bruders“ sind nicht mehr bloß literarische Fiktion, sondern der gegenwärtige, technisch vollkommene Überwachungsapparat kann in manchen Fällen auch politischen Missbrauch mit sich bringen. Demzufolge sind Landespolizeidirektor Helmut Tomac und Kufsteins Bezirkshauptmann Christoph Platzgummer kein bisschen erfreut über das gesetzlich so nicht gerechtfertigte eigenmächtige Vorgehen des Wörgler Bürgermeisters Michael Riedhart.

Die Innenstadt im Fokus
Seit Jahresanfang lässt dieser öffentliche Bereiche wie Schulen und das Zentrum der Unterländer Stadtgemeinde mit Endausbaustufe von einem guten Dutzend Videokameras überwachen und verkauft dieses Vorgehen medial als „Gesetzeskonform“ – die „Krone“ berichtete ausführlich.

„Er hat mit uns niemals Kontakt aufgenommen“
Dazu erklärt Bezirkshauptmann Platzgummer: „Bürgermeister Riedhart hat im Vorfeld niemals mit uns Kontakt aufgenommen. Wir haben ihm im vergangenen Herbst schon mitgeteilt, dass für eine Videoüberwachung nicht sicherheitspolizeiliche Argumente schlagend sein können, da in dieser Causa die Gemeinde keinerlei Kompetenzen hat.“

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In Wörgl gibt es aktuell keine kriminellen Hotspots, die eine Überwachung mit Kameras rechtfertigen würden.

Christoph Platzgummer, Bezirkshauptmann von Kufstein

Eine Gemeinde, die annimmt, dass sich sogenannte strafrelevante Hotspots in ihrem Gebiet befinden, muss dies der Sicherheitsbehörde, in diesem Fall der Bezirkshauptmannschaft, mitteilen und ersuchen, um dort eine Videoüberwachung installieren zu dürfen. Dann wird seitens der Behörde in einem aufwendigem Verfahren in Kooperation mit der Landespolizeidirektion geprüft.

Bürgermeister nicht zuständig
Laut Platzgummer gibt es aber derzeit in Wörgl keine Bereiche mit kriminellen Schwerpunkten, die eine Überwachung mit Kameras rechtfertigen würden. „Um Eigentum der Gemeinde zu schützen, darf sehr wohl eine Videoüberwachung stattfinden, wobei man sich hier an die Vorgaben des Datenschutzes orientieren muss“, so Platzgummer, der weiter ausführt: „Bürgermeister Riedhart ist trotz dieser Informationen auch später niemals mit uns in Kontakt getreten und hat in seinen medialen Ergüssen immer wieder sicherheitspolizeiliche Argumente in der Öffentlichkeit vorgebracht. Hier hat er aber keine Zuständigkeit.“

Datenschutzbehörde wurde benachrichtigt
Mittlerweile wies Landespolizeidirektor Tomac die Rechtsabteilung seiner Behörde an, die Datenschutzbehörde in Wien über die unzulässigen und bedenklichen Vorgänge, die in Wörgl im Alleingang durch das Stadtoberhaupt geschaffen wurden, zu informieren.

„Interessen der Menschen auf Datenschutz wichtig“
„Im gleichen Zug wurde auch Bürgermeister Riedhart von uns schriftlich darüber informiert, dass eine Videoüberwachung in den öffentlichen Bereich hinein erstens ausschließlich der Sicherheitsbehörde obliegt und zweitens ein Verfahren rechtlich daran geknüpft ist, das zum Ziel hat, zum einen die Interessen der Sicherheit und zum anderen das Interesse der Bevölkerung auf Datenschutz entsprechend zu berücksichtigen“, spricht Landespolizeidirektor Tomac im Gespräch mit der „Krone“ Klartext.

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Bürgermeister Riedhart maßt sich Kompetenzen an, die rein den Sicherheitsbehörden in geordneten Verfahren obliegen.

Helmut Tomac, Landespolizeidirektor

Der Paragraf 54, Absatz 6 des Sicherheitspolizeigesetzes definiere klar: „Wenn es an öffentlichen Orten zu gefährlichen Angriffen gegen Leben, Gesundheit oder Eigentum von Menschen kommen wird und zu befürchten ist, dass in Zukunft weitere Straftaten dort begangen werden, dann dürfen Sicherheitsbehörden zur Vorbeugung solcher Angriffe personenbezogene Daten Anwesender mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten ermitteln. Diese Orte zu definieren, ist ausschließlich Sache der Sicherheitsbehörde und nicht die eines Bürgermeisters.“

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