Experte im Interview

„Bei diesem Pilz hat Verwechslung fatale Folgen“

Tirol
11.08.2023 11:11

In den Wäldern herrscht wieder Hochsaison, die Schwammerljäger sind unterwegs. Mikrobiologe Martin Kirchmair von der Universität Innsbruck über folgenschwere Verwechslungen, Pilz-Apps als Hilfsmittel, neue Arten im Wald und warum der Borkenkäfer eine Bedrohung für Pilze ist.

„Krone“: Die Pilzsaison hat später begonnen. Wie groß sind die Erfolgschancen für Schwammerljäger derzeit?
Martin Kirchmair: So groß wie nie in diesem Jahr, vor allem ab einer Höhe von 1000 Metern. Eierschwammerln, Steinpilze, Parasole - alles da. Man muss dafür nicht ins unwegsame Gelände.

Sie haben die drei gängigen Speisepilze genannt. Leider passieren aber immer wieder Verwechslungen mit bösen Folgen. Sie werden bei Vergiftungen als Fachmann der Uni Innsbruck zu Rate gezogen. Gab es heuer schon einen Fall?
Zum Glück nicht. Aber Vorsicht ist geboten. Eine folgenschwere Verwechslung, die bei uns immer wieder vorkommt, ist die zwischen ganz jungen Eierschwammerln und dem Spitzgebuckelten Raukopf. Letzterer kann ein Nierenversagen hervorrufen. Bis man die Vergiftung merkt, kann es bis zu zwei Wochen dauern.

Nicht zu vergessen die Verwechslung zwischen Parasol und dem hochgiftigen Knollenblätterpilz.
Das Paradoxe daran: diese Verwechslung passiert fast nur in Österreich, kaum einmal in Frankreich oder anderen Ländern, in denen diese Pilze vorkommen. Mit ein bisschen Wissen ist der Unterschied gut zu erkennen.

Helfen Pilz-Apps?
Bilder sind immer mit Skepsis zu betrachten, sie können trügen. Auch ich gebe keine Einschätzung aufgrund eines Fotos. Wer sich unsicher ist, sollte lieber zur Pilzberatung gehen.

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Durch den Klimawandel siedeln sich südliche Arten wie der Wurzelnde Bitterröhrling bei uns an.

Mikrobiologe Martin Kirchmair

In Tirol gibt es mehr als hundert essbare Pilzsorten, insgesamt zwischen 2000 und 3000 sogenannte fruchtbildende Sorten. Werden auch immer wieder neue entdeckt?
Ja, durch den Klimawandel siedeln sich südliche Arten wie der Wurzelnde Bitterröhrling bei uns an. Zum Verzehr ist dieser Pilz – wie der Name schon sagt – nicht geeignet. Ebenso wenig wie der Büschelige Egerlingsschirmpilz, den wir heuer erstmals in Tirol nachgewiesen haben.

Fakten

  • Laut Tiroler Pilzschutzverordnung erlaubt: das Sammeln und Befördern von wildwachsenden Pilzen in der Zeit von 7 bis 19 Uhr in einer Menge von höchstens zwei Kilogramm pro Person und Tag.
  • Verboten: das mutwillige Beseitigen, Beschädigen oder Zerstören von Pilzen oder ihrer Teile (Myzel-System, Fruchtkörper).
  • Verboten: die Verwendung von Rechen, Haken und ähnlichen mechanischen Hilfsmitteln beim Sammeln von wildwachsenden Pilzen.
  • Pilzberatung: Verein für Pilzkunde Tirol jeden Sonntag (18.30 bis 20 Uhr) im Jenbacher Museum (1. Stock). Stadt Innsbruck, Markthalle (1. Stock), Montag bis Freitag, 8 bis 12 Uhr. Telefonnummer: 0512/5360-8380.

Was bedroht die Pilze im Wald außer unachtsame Schwammerljäger?
Die Pilze sind mit Bäumen vergesellschaftet, bei uns vor allem mit den Fichten. Verschwinden die Fichtenwälder - etwa durch den Borkenkäfer -, dann verschwinden auch die Pilze.

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