Tot vor die Tür gelegt

Missbrauchsprozess: „Sie hat nur noch geröchelt“

Gericht
25.07.2023 15:57

Es ist eine lange Liste an Suchtgift, die das 19-jährige Opfer bei der Party in Wien zu sich genommen hatte. Diesen Zustand soll ein Bursch ausgenutzt haben - bis Melanie starb. Er soll die Leblose einfach vor die Haustür gelegt haben. Im Prozess scheint er zu den Vorwürfen nicht mehr viel sagen zu können.

Der junge Mann lernte das spätere Opfer auf einer Drogenparty in seiner Wohnung in Wien-Döbling kennen. Schon früh soll der heute 18-Jährige mit Drogen in Kontakt gekommen sein, wohnt seit seinem dritten Lebensjahr in betreuten Einrichtungen. „Er hat es bis jetzt nicht geschafft, eine Therapie erfolgreich zu absolvieren“, spricht der Staatsanwalt über die Sucht des Angeklagten. „Entsprechend sind Zusammenkünfte bei ihm zu Hause eskaliert, und es wurde dort auch Suchtgift konsumiert.“

Drogenparty als Tatort
So war es auch am ersten Dezemberwochenende des Vorjahres: „Es war ein ständiges Kommen und Gehen“, beschreibt der Ankläger im Wiener Landesgericht die Party. Am Sonntag erschien auch die junge Frau mit einem Freund bei der Feier - wohl schon durch Drogen beeinträchtigt -, nahm dort noch Schlafmittel, die der damals 17-Jährige bereitstellte.

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Sie war nicht seine Freundin. Sie war ihm nicht bekannt. Sie war in keinem Zustand, in dem sie in so etwas hätte einwilligen können.

Staatsanwalt im Wiener Landesgericht

Ab diesem Zeitpunkt soll das Opfer geschlafen haben, sei nicht mehr wirklich ansprechbar gewesen. Und der Angeklagte alleine mit ihr. Da soll er Melanie in diesem wehrlosen Zustand sexuell missbraucht haben. „Sie war nicht seine Freundin. Sie war ihm nicht bekannt. Sie war in keinem Zustand, in dem sie in so etwas hätte einwilligen können“, stellt der Staatsanwalt klar, verweist gleichzeitig auf gefundene DNA-Spuren im Intimbereich der Frau.

Statt Notruf zu wählen, leblos im Gang abgelegt
Erst am Montag soll er Freunde angerufen haben, was er denn tun sollte, Melanie würde nicht mehr aufwachen. Den Notruf wählte er nicht. Stattdessen legte er die Leblose vor seinem Wohnhaus ab. Eine kontaktierte Freundin des Angeklagten rief nach einem Telefonat schließlich die Rettung.

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Es handelt sich um einen tragischen Tod im Drogenmillieu.

Der Verteidiger des 18-Jährigen

Warum dies der Bursch nicht selbst tat, versteht auch seine Verteidigung nicht. Dennoch: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass er es erst bemerkt hatte, als man ihr gar nicht mehr hätte helfen können.“ Er habe sich außerdem Hilfe suchend an seine Freunde gewendet. „Wie sich später herausstellte, war es aber Stunden zu spät.“

Keine Erinnerung an Drogen-Wochenende
Genau wie zu dem Vorwurf des Imstichlassens einer Verletzten mit Todesfolge wird sich der Angeklagte auch zum sexuellen Missbrauch einer wehrlosen Person nicht schuldig bekennen. Sein Verfahrenshelfer: „Wir haben niemanden, der uns sagt, dass es keinen einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gegeben hat.“

Und sein Mandant? Er könne sich an die Geschehnisse des Wochenendes nicht mehr erinnern, er sei schließlich auch von den Drogen beeinträchtigt gewesen. Vor der Polizei sagte er nur: „Ich bin aufgewacht und sie war im Intimbereich nackt. Ich weiß aber nicht, warum. Sie hat nur noch geröchelt.“

Beschuldigtenvernehmung zu privat für die Öffentlichkeit
Für die Dauer der Einvernahme des jungen Erwachsenen wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Schließlich war er bei der Tat noch 17 Jahre alt und es würden seine Familienverhältnisse, seine Vergangenheit thematisiert werden. Danach werden Zeugen gehört. Ein Partygast nach dem anderen sagt im Verhandlungssaal im Landesgericht Wien aus. 

Partygäste berichten von völlig beeinträchtigten Opfer
Direkt von der angeklagten Tat können sie nicht erzählen, schließlich war der 18-Jährige mit Melanie ab Sonntagabend alleine in der Wohnung. Die jungen Zeugen sind sich in einer Sache einig: Die junge Frau kam bereits massiv beeinträchtigt zu der Party. „Sie konnte nicht mehr geradestehen, hat nur noch gelallt“, erinnert sich ein junger Mann zurück. 

Psychiater: Er kommt aus ungünstigen Verhältnissen
Genau wie bei der Beschuldigtenvernehmung, wird auch für die Dauer des psychiatrischen Gutachtens die Öffentlichkeit ausgeschlossen - auch hier sei der familiäre Hintergrund ein großer Punkt. Früh musste der Angeklagte Gewalt erfahren, war mit Alkohol und Drogen konfrontiert.

Als seine Mutter letztes Jahr verstarb: „Sie war seine einzige Bezugsperson. Er hatte seinen Anker verloren und dann angefangen zu experimentiert“, so sein Verteidiger. Auch den Kontakt zum großen Bruder verlor er immer mehr, der von der Sucht des Jüngeren nichts wusste. „Die haben auch irgendwie Mitschuld, weil sie das alles verheimlicht haben“, prangert er die betreuten Wohneinrichtungen an. Sie hätten ihm nie Auskunft über Probleme gegeben. 

Es drohen bis zu fünf Jahre Haft
Für weitere Zeugen und Gutachter wird der Prozess am 8. August fortgesetzt. Am zweiten Verhandlungstag wird auch ein Urteil erwartet. Bei einem Schuldspruch drohen dem Wiener bis zu fünf Jahre Haft - schließlich gilt für ihn das Jugendstrafrecht. Der Strafrahmen halbiert sich also.

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