Über 1000 Sorten in der Tiroler Genbank sind ein Schatz, der in den Imster Feldern erhalten werden kann. Die „Krone“ hat sie näher unter die Lupe genommen. Einen Schwerpunkt der Forschung und Experimente bildet die Verträglichkeit der Sorten auf die neuen Klimaextreme.
Jene Bank, die wesentlich mehr kann als schwankungsanfällige Zahlungsmittel zu verwalten, feierte im letzten Jahr Geburtstag: Die Genbank des Landes Tirol – eine der bedeutendsten weltweit – wurde 100. Sie birgt einen unbezahlbaren Schatz, nämlich das Genmaterial von über 1000 alten Landsorten von Getreide (700 Sorten), Erdäpfel, Bohnen, Äpfel und vielen mehr in Form von Saatgutproben. Dem Hunderter zu Ehren wurde im Volkskunstmuseum eine viel beachtete Ausstellung präsentiert. Diese kann nun im Ötztaler Freilichtmuseum betrachtet werden. Im Rahmenprogramm wurden kürzlich Interessierte zur Exkursion nach Brennbichl bei Imst geladen.
Wir wollen wissen, was eine handelsübliche Getreidesorte wirklich kann und ob sie zu unserem Klima passt.
Christian Partl
„Forschungsbauernhof“ essenziell für Genbank
Warum nach Brennbichl? Weil dort quasi der Schatz für den Schatz angesiedelt ist: der sogenannte „Forschungsbauernhof“, einem Schulterschluss von Land Tirol und Universität. Von vielen beneidet, ist er mit seiner 3,5 Hektar großen Anbaufläche eine Spielwiese der Wissenschaft und Praxisforschung in Form von Feldversuchen. Genbankleiter Christian Partl gab den Wissbegierigen Einblick in seine Arbeit und die seines Teams. Eine Arbeit, die immer mehr an Bedeutung gewinnt, weil alte Landsorten wie die Fisser Gerste, der Tiroler Sommerroggen oder die Rotholzer Sommerkochbohne eine Renaissance erfahren.
Schwerpunkt auf Verträglichkeit
„Hier machen wir sogenannte Leistungsversuche mit modernen Sorten“, deutet Partl auf die unzähligen kleinen Parzellen, "wir wollen wissen, was eine handelsübliche Getreidesorte wirklich kann und ob sie zu unserem Klima passt. Apropos: Einen Schwerpunkt der Forschung und Experimente bildet die Verträglichkeit der Sorten auf die neuen Klimaextreme wie Sommerdürre und Extremniederschlag. Das Zwischenresultat von 350 Körnern Winter- oder Sommergetreide auf einem Quadratmeter nehmen die Exkursionsteilnehmer interessiert in ihre Finger.
Auch an Krankheiten und Schädlingen forschen
„In der ersten Julihälfte haben wir mit unserem Parzellenmähdrescher bereits Getreide geerntet“, ergänzt der „Bankdirektor“. In den Gefilden in Brennbichl ist eine weitere, essenzielle Rettungstat möglich. Partl: „Im Laufe der Jahre verliert das Korn seine Keimfähigkeit, aus diesem Grund muss permanent das alte Saatgut durch neues ersetzt werden. Die 70 Kartoffellandsorten müssen wir gar jährlich neu anbauen.“ Erhaltung der Sorten also für die Zukunft, aber auch Praxisforschung an Krankheiten und Schädlingen. So könnte auf einem Kartoffelacker, den die Teilnehmer als „normal“ wahrnahmen, Bahnbrechendes passieren: Ein dreijähriges Forschungsprojekt der Uni Innsbruck möchte dem Drahtwurm, der weltweit Kartoffelernten zerstört, erstmals mit Lockpflanzen und insektentötenden Pilzen biologisch zu Leibe rücken – die Zwischenbilanz ist vielversprechend.
Viel versprochen und viel gehalten hat auch dieser besondere Nachmittag, der Einblicke in ein ansonsten verborgenes Archiv des Lebendigen gewährte.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.