Drei Senioren erzählen

Wie habt ihr denn früher Weihnachten gefeiert?

Oberösterreich
18.12.2022 19:00

Schlittenfahrten, Erbswurstsuppe und Kaninchen, die auf mysteriöse Weise verschwinden: Elisabeth Leitgöb, Arthur Henn und Anna Weiß aus Linz nehmen uns mit auf eine Reise in ihre Kindheit.

„Wir hatten damals Kaninchen hinter dem Haus. Und ich weiß noch, es war wie verhext: Jedes Jahr zu Weihnachten ist eines ausgekommen!“ Elisabeth Leitgöb sitzt mit Arthur Henn und Anna Weiß schon gemütlich bei Kaffee und Keksen beisammen. Aus den Nachbarn im Betreubaren Wohnen der Caritas am Linzer Froschberg sind längst Freunde geworden. Das spüre ich sofort, als ich am Tisch des gut gelaunten Trios Platz nehme. „Wenn ich ein Stückerl den Berg raufgeh’, muss ich schon schnaufen“, erzählt der 96-jährige Arthur gerade. „Du darfst schnaufen, Arthur.“ Elisabeth tätschelt seinen Arm. „Schlecht is’, wenns’t einmal nimmer schnaufst“, bemerkt Anna – und die Drei prusten los.

Es dauert nicht lange, bis die Erinnerungen zurückkehren. Die Erinnerungen an Weihnachten, wie es früher einmal war, als es noch keine Kühlschränke, dafür Lebensmittelmarken gab. Und Glockerlläuten und geheimnisvolles Rascheln hinter verschlossenen Türen.

Wer nicht zur Kirche kam, wurde aufgeschrieben
„Der Christbaum war derjenige, welche!“ stellt Arthur klar. „Meine Mutter hat Zuckerln eingewickelt und raufgehängt. Dazu gab’s ein Packerl für mich. Einmal sogar einen Schlitten! Damit sind wir auf der Straße gefahren, mein Vater und ich. Bei uns in Obermühl an der Donau war ja kein Verkehr.“ Er grinst. „Angehupt wurden wir aber trotzdem.“

Auf den Tisch kamen Bratwürstel und aus Zutaten, für die Arthur vorher die Bauern aus der Umgebung abklappern musste, hat die Mutter Kekse gebacken. „Nicht für die Familie – sondern für den Musikverein.“ Nicht zu vergessen: Der Gottesdienst. „Wer nicht in der Kirche war, wurde aufgeschrieben und musste beim nächsten Mal eine gute Entschuldigung parat haben.“

Erbstwurstsuppe und Mayonnaisesalat
In Freistadt war Elisabeth derweil mit Auswendiglernen beschäftigt. „Alle Jahre hab’ ich ein Gedicht aufsagen müssen, das jedes Jahr länger geworden ist. Erst danach gab es die Bescherung.“ Geschenkt wurde meist etwas Gestricktes, aber immer etwas Praktisches, so die pensionierte Volksschuldirektorin.

Es wurde zusammen gelesen, gesungen – und gefastet! „Mittag gab es Erbswurstsuppe. Die hab’ ich nie leiden mögen. Am Abend hat die Mutter Mayonnaisesalat gemacht. Wenn da eine Knacker drin war, war das der Höhepunkt für meinen Bruder und mich!“, schwärmt die 85-Jährige.

„Für einen Christbaum hat früher niemand bezahlt“
Jetzt beginnen auch Annas Augen zu leuchten. „Mein Vater hat zu Weihnachten immer Eisschokolade gemacht. Da hat man Kokosfett, Kakao und Zucker geschmolzen, in kleine Formen gegossen und zum Auskühlen in eine Schüssel mit Schnee gestellt. Danach hat man sie rausgeklopft. Die Eisschoko war das Schönste an Weihnachten!“ Die 94-Jährige ist in Haslach aufgewachsen. „Am Heiligen Abend hab’ ich mit der Großmutter spazieren gehen müssen, damit sie zuhause den Baum schmücken können. So weit und immer weiter hab’ ich gehen müssen. In den Fenstern waren schon überall Christbäume zu sehen, und ich? Ich hab’ immer noch gehen müssen!“ Sie lacht und schüttelt den Kopf – auch als sie sich an ein Fest nach dem Krieg erinnert, das drei Familien gemeinsam in einer engen Wohnung feiern mussten.

Wie die Christbäume eigentlich ins Wohnzimmer kamen? Anna lehnt sich verschwörerisch zu mir herüber: „Ich weiß nur, dass wir sicher nie einen bezahlt haben. Die hat man aus dem Wald geholt. Das hat jeder gemacht!“ Auch Jahre später wurde noch jeder Schilling umgedreht, so Elisabeth: „Als mein Sohn zwei war, habe ich meinen Mann Prospekte von Autohändlern holen geschickt. Ich hab’ Autos ausgeschnitten und in ein Heft geklebt. Das war sein Weihnachtsgeschenk.“ Arthur nickt. „Weihnachten war einfach. Es ist schön, dass wir heute noch davon erzählen dürfen.“ Lisa Prearo

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