„Wegen Personalmangel“

Gutachten fehlt: Junger Häftling (15) verzweifelt!

Tirol
27.10.2022 06:20

Der Tiroler Nico (Name von der Redaktion geändert) sitzt mit gerade einmal 15 Jahren hinter Gitter. Sein Rechtsanwalt stellte bereits im August einen Antrag auf Therapie statt Haft. Doch bis heute fehlt das Gutachten - und zwar wegen Personalmangels, wie das Landesgericht Innsbruck bestätigt. 

Bereits vor einigen Jahren geriet der Tiroler auf die schiefe Bahn: unter anderem wegen Drogen, Diebstahl, Körperverletzungen, Beschaffungskriminalität. Seine illegalen Geschäfte nahmen heuer im Juli ein Ende. Die Polizei nahm Nico fest, er kam in den Jugendtrakt der Justizanstalt Innsbruck und musste sich zuletzt Mitte August vor Gericht verantworten.

Antrag auf Therapie statt Strafe
„Mein Mandant wurde verurteilt. Wir stellten einen Antrag auf Therapie statt Strafe, weil alle dafür nötigen Voraussetzungen gegeben sind“, erklärt Rechtsanwalt Markus Abwerzger. Folglich sei ein psychiatrischer Sachverständiger damit beauftragt worden, den 15-Jährigen zu untersuchen und mitunter festzustellen, ob er tatsächlich für eine Therapie geeignet sei und wenn ja, für welche Form.

„Das erschüttert in dieser Causa noch mehr“
Doch das Gutachten steht zwei Monate später nach wie vor aus. „Weil es an psychiatrischen Sachverständigen fehlt. Das erschüttert in dieser Causa noch viel mehr, weil es sich beim Straftäter um einen 15-Jährigen handelt, bei dem Hopfen und Malz noch nicht verloren sind. Die Chancen, ihn wieder zurück ins normale Leben zu holen, stehen sehr gut – die Zeit drängt allerdings“, verdeutlicht Abwerzger.

Hinzu komme, dass Nico kürzlich von Innsbruck in die Justizanstalt Graz-Jakomini verlegt wurde. „Und das, obwohl für das Justizministerium ersichtlich sein muss, dass wir einen Antrag auf Therapie statt Haft gestellt haben und das Gutachten jederzeit eintreffen kann. Das ist ein Skandal, eine Resozialisierung wird nicht gefördert. Justizministerin Alma Zadić ist gefordert“, betont der Anwalt.

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Es werden ihm nur leere Hoffnungen gemacht.

Mama des 15-jährigen Tirolers

Ein Therapieplatz sei bereits seit Juli reserviert
Emotionale Einblicke gewährt Nicos Mama. „Mein Sohn stimmt einer Therapie zu. Bereits seit Juli hat der ,Grüne Kreis’, eine Einrichtung für Menschen mit Abhängigkeitsproblematiken, einen Platz für ihn reserviert. Das interessiert jedoch niemanden, es werden ihm nur leere Hoffnungen gemacht. Prinzipiell wurde er bisher immer wieder Opfer des gesamten Systems, er bekam keine Chance. Letztens meinte er zu mir, dass er keine Kraft mehr habe“, schildert sie unter Tränen. Der intensive Drogenkonsum habe sein Gehirn massiv angegriffen und sein Wesen komplett verändert.

Landesgericht Innsbruck bestätigt Personalmangel
Andreas Stutter, Sprecher des Landesgerichtes Innsbruck, bestätigt: „Es ist tatsächlich bedauerlich, dass in diesem Fall bisher kein Gutachten vorliegt. Das liegt an der insgesamt sehr geringen Zahl an einschlägig zur Verfügung stehenden Sachverständigen.“ Das Gericht habe gerade kürzlich auf eine rasche Erledigung gedrängt. „Bis wann das Gutachten dann schlussendlich vorliegen wird, kann ich dennoch nicht sagen“, ergänzt er.

„Verschiedene Gründe können zu Verlegung führen“
Das Ministerium nimmt hingegen Stellung zur Verlegung des Tirolers: „Auskünfte zu Einzelfällen werden nicht erteilt. Ganz allgemein darf angeführt werden, dass es verschiedene Gründe geben kann, die zu einer Verlegung führen. Ein ganz entscheidender Grund ist unter anderem jener, den Kontakt zwischen Insassen und ihrem jeweiligen sozialen Umfeld so gut es geht uneingeschränkt aufrechtzuerhalten“, erklärt Julia Rieder, Sprecherin des Justizministeriums. „Gibt es etwa eine Änderung des Wohnortes der nahen Angehörigen eines Insassen bzw. einer Insassin, kann der Wunsch nach einer Verlegung in eine Justizanstalt, die in der Nähe des neuen Wohnortes ist, berücksichtigt werden.“

Darüber hinaus können laut Rieder die Gründe auch in einer geeigneteren Betreuung bzw. Behandlung oder in einem besseren Angebot hinsichtlich Ausbildung und Beschäftigung in einer anderen Justizanstalt liegen.

„Mein Sohn benötigt Hilfe und keinen Knastalltag“
Diese Erklärungen spenden der Mama von Nico nur wenig Trost: „Mein Sohn ist mit seinen 15 Jahren noch ein Kind und kein Jugendlicher. Er benötigt dringend professionelle Hilfe und keinen harten Knastalltag. Ich habe Angst um sein Leben.“

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