Frankfurter Buchmesse

Steirische Literaten zwischen Krise und Wandel

Steiermark
21.10.2022 17:00

Es ist eine Buchmesse fast wie früher, die heuer nach zwei sehr reduzierten Corona-Jahren in Frankfurt stattfindet. Traditionellerweise war die Steiermark dort auch heuer mit einer Delegation vertreten. Doch der Buchhandel steckt in der Krise. Wie wirkt sich das auf heimische Autoren aus? Die „Krone“ hat in Frankfurt nachgefragt.

Die Hallen der Frankfurter Messe sind wieder gut gefüllt, das Interesse durchaus beachtlich. Aber an die Zeit vor Corona kommt man auch heuer bei der Frankfurter Buchmesse nicht heran. Doch man hält an Traditionen fest und die Messe ist immerhin das wichtigste derartige Event in Europa, ein Treffpunkt der Literaturwelt.

Stets mit dabei ist die Steiermark mit einer Delegation an Autorinnen und Autoren: „Ich werde oft auf die bemerkbare Präsenz der steirischen Literatur hier auf der Messe angesprochen“, sagt Landeshauptmann Christopher Drexler, der die Delegation anführte.

Buchhandel ringt um Konzepte für die Zukunft
Dabei ist der Buchhandel und die Literaturwelt immer noch in der Krise. Auf Corona folgte der Krieg in der Ukraine und eine massive Teuerung in den Produktionskosten. Verlage müssen ihr Programm reduzieren, überlegen nun erneut die Buchpreise zu erhöhen. Und das bei Verkaufszahlen, die im Frühjahr und Sommer alles andere als erfreulich waren - man hofft nun auf ein starkes Weihnachtsgeschäft und ringt um Konzepte für die Zukunft.

„Lieber ein Selfie, als ein Buch kaufen“
Doch wie treffen all diese Veränderungen am Markt eigentlich die Autorinnen und Autoren? „Das Interesse des Publikums ist derzeit noch sehr schwankend“, sagt Cordula Simon. „Ich habe plötzlich wieder Lesungen vor ganz wenigen Leuten und die wollen nach der Lesung eher ein Selfie, als ein Buch kaufen“, sagt sie.

„Im Mittelfeld ist die Vielfalt zu Hause“
Ulrike Haidacher, die sowohl als Autorin als auch als Kabarettistin tätig ist, bemerkt diese Veränderung auch: „Die großen Namen sind so voll wie früher und die Jungen, die über Social Media bekannt geworden sind, ziehen ein neues Publikum an. Aber gerade im Mittelfeld, wo ja die Vielfalt zu Hause ist, ist es derzeit nicht einfach“, sagt sie.

Die Leser nicht „unterfordern“
„Viele Verlage glauben, dass sie nur noch Bücher machen dürfen, die ihre Leser unterfordern. Dieser Trend war auch schon vor Corona zu erkennen“, sagt Max Höfler, der in seiner Arbeit vor allem auf experimentelle Formate setzt.

„Ich finde diese Entwicklung gefährlich, weil die Literatur gerade in Krisen nicht in diese Vereinfachung der Diskurse einstimmen, sondern eine Stimme der Komplexität darstelle sollte“, sagt er.

Die harmlose Hochkultur
Passend dazu präsentierten Günter Eichberger und Verleger Paul Pechmann bei der Buchmesse einen Band mit Texten des 1983 verstorbenen Grazer Autors Gunter Falk, der „ganz bewusst gegen die harmlose Hochkultur und den Kunstgenuss vorging und die Unzulänglichkeiten der Sprache ins Visier nahm“.

„Literatur kann keine Kriege beenden“
Doch was kann und soll die Literatur heutzutage überhaupt bieten? „Die Literatur kann keine Kriege beenden“, sagt Marie Gamillscheg, die mit ihrem Buch zuletzt auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis stand. „Aber sie kann uns unserer Menschlichkeit versichern.“

Bei ihr haben die mannigfaltigen Krisen dazu geführt, dass sie ihre Rolle als Autorin neu hinterfragt. „Ich beschäftige mich derzeit sehr intensiv mit der Frage, was Worte noch ausrichten können und wo man in der Literatur noch transzendentale Momente finden könnte.“

„Kann nicht einfach mit meinem Beruf aufhören“
Die Suche nach Sprache, nach einem Ausdruck für die Gegenwart geht also weiter. Weil jede Krise ermöglicht auch Veränderung: „Ich denke gerade viel darüber nach, wie der Kapitalismus unser Verständnis von Glück prägt und wie man da ausbrechen kann“, sagt etwa Birgit Pölzl. Und Ulrike Haidacher spricht aus, was eigentlich alle der vertretenen Autorinnen und Autoren der steirischen Delegation zum Ausdruck bringen: „Das ist mein Beruf, ich kann ja nicht einfach aufhören.“

„Schreiben war immer Teil des Weiterlebens“
Und für Volha Hapeyeva, die ehemalige Grazer Stadtschreiberin aus Belarus, steht fest: „Die Lage ist erschütternd, aber ich suche nach Hoffnung. Die Menschen haben so viele dunklen Zeiten überlebt und die Literatur und das Schreiben waren immer Teil des Weiterlebens. Also schreiben wir weiter!“

Die Resultate all dieser Denkprozesse werden in Romane und Gedichte, in Essays, Kurzgeschichten und experimentelle Texte fließen. Wir müssen sie dann nur lesen!

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