61 Jahre (!) nach ihrem Abschluss haben sich ein Dutzend ehemalige Schüler der Hotelfachschule in Bad Gleichenberg wieder vor Ort getroffen. Wir von der „Steirerkrone“ haben diese illustre Runde besucht - und gestaunt.
„Wir waren richtige Flaschinger“ - diesen Satz hörten wir von dem Dutzend Absolventen des Jahrgangs 1959 bis 1961 der Hotelfachschule, die wir in der Delikaterie in Bad Gleichenberg getroffen haben, gleich mehrmals ...
Hermann Freismuth hat das Treffen organisiert. „Das hat mich ganz schön viele Nerven gekostet“, erzählt der Murauer, „wir sind ja auf der ganzen Welt verstreut. Und Corona hat das Ganze auch nicht gerade einfacher gemacht.“ Umso größer war die Freude bei den neun Männern und drei Frauen über das Wiedersehen.
„Ich wollte meine Jugendliebe weidersehen“
Das erste Treffen gab es übrigens nach 20 Jahren, organisiert von Rotraud Tornai: „Ich wollte einfach meine Jugendliebe wieder sehen.“ Wie sind die Erinnerungen an die Schulzeit? „Wir haben nicht viel ausgelassen“, blickt der heute 84-jährige Freismuth mit einem Augenzwinkern zurück. „Aber wir wollten auch alle lernen, haben extrem viel gestrebert.“
Freunde fürs Leben
Sein einstiger Zimmerkollege Sepp Kriegl (85) ergänzt: „Wir haben das Dienen gelernt, den Respekt gegenüber anderen, Werte mit auf den Weg bekommen. Wir haben ja nichts gehabt, uns alles erarbeiten müssen. Ich bin als Bub jeden Tag sechs Kilometer zur Schule gegangen, danach habe ich zu Hause barfuß am Acker gearbeitet.“ Wie das Verhältnis des legendären Mercedes-Verkaufsleiters mit Freismuth ist? „Wir waren beste Spezis und sind Freunde fürs Leben geworden.“
Liebe liegt immer in der Luft
Was beim Treffen in Bad Gleichenberg immer wieder Thema ist: die Liebe. Da wird diskutiert, wer mit wem zusammen war, wer miteinander geflirtet hat und was aus den Liebeleien von damals geworden ist. Und noch etwas fällt extrem auf: diese Lebensfreude aller, diese Zufriedenheit, diese Fröhlichkeit. Man fühlt sich als Gast in dieser Runde einfach nur pudelwohl.
Trotz vieler negativer Darstellungen: Für ganz viele ist das Arbeiten im Hotel- und Gastgewerbe noch immer der schönste Beruf.
Helmut Freismuth
Revolution mit dem Rock
Anekdote reiht sich an Anekdote. So erzählt Freismuth, wie er mit dem Zug nach London auswanderte, ganz alleine. „Als ich bei der Victoria Station ausgestiegen bin, sah ich das erste Mal eine Frau im Minirock. Ich war so baff, bin ihr 500 Meter lang einfach nachgegangen.“ Tornai war einst als Au-Pair am Arlberg im Einsatz. Eine Urlauber-Familie aus England wollte sie engagieren. „Mein Vater hat aber darauf bestanden, dass die Familie bei ihm in Graz vorstellig wird.“
Beim Schmusen erwischt
In der Schule herrschte auch noch Zucht und Ordnung. Wenn der Hausdame die Ordnung nicht passte, wurde der Kasten schon einmal mit einer Handbewegung entleert. Oder: Wer Samstagabend statt im Kino (wie auf einer Liste vorher eingetragen) beim Schmusen von den Lehrern (mit Taschenlampen ausgerüstet) im Park erwischt wurde, kassierte vier Wochen Ausgangssperre.
„Die schönste Zeit unseres Lebens“
Auf der ganzen Welt waren (und sind) die Abgänger verstreut, da lief man sich auch immer wieder zufällig über den Weg, ob in Paris, London oder in Amerika. Freismuth, gelernter Fleischhauer, später unter anderem Pächter des Murauer Brauhaus oder Unternehmensberater, kehrte übrigens wieder zurück: als Servierlehrer. Er betont: „Trotz vieler negativer Darstellungen: Für ganz viele ist das Arbeiten im Hotel- und Gastgewerbe noch immer der schönste Beruf.“
Wie die Abschlussfeier 1961 gelaufen ist? „Der Direktor hat eine Ausgangssperre im ganzen Internat ausgesprochen - es sollte niemand anderer von uns verdorben werden ...“ Bei einem sind sich die „Flaschinger“ aber einig: „Die Schulzeit in Bad Gleichenberg war die schönste Zeit unseres Lebens.“
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