Der große „Krone“-Test

Diese Traditionen stecken hinter der Eisproduktion

Tirol
21.05.2022 12:00

Warme Sonne, laue Luft: Die Sehnsucht nach Eis wächst. Doch wo in Tirol gibt es das beste? Und welche Geschichten stecken dahinter? Die „Krone“ hat nachgefragt - und selbst genascht!

Die Überraschung ist groß, als mir Luigi Marchese plötzlich einen riesigen Eisbecher mit 16 (!) Kugeln in die Hand drückt. Denn ich habe nur um einen kleinen Löffel von jeder Eissorte, die er in seinem Gelato Mobil hat, gebeten – und mich offenbar verhört: Ich dachte, er hat nur sechs Sorten im Wagen. Nun gut, dann muss mein Blutzucker wohl herhalten.

Die Eiskugeln von Marchese bestehen zu etwa einem Viertel aus verschiedenen Zuckersorten. „Eis ohne Zucker kann man nicht produzieren“, ist sich der Süditaliener sicher. Erst der Zucker mache das Eis cremig. Als er einmal Diabetiker-Eis herstellte, sei die Nachfrage so gering gewesen, dass er es nach drei Monaten wegwerfen musste.

Seine Branchen-Kollegen sehen das – trotz eines durchaus vorhandenen Angebots an zuckerfreien Eissorten in anderen Städten Europas, wie etwa Barcelona – ähnlich: „Wir könnten auch zuckerfreies Eis machen, allerdings bin ich kein Fan von Zuckerersatz-Produkten“, erklärt Thomas Weber, Chef der Tomaselli-Eisdielen in Innsbruck. Der Zuckergehalt variiert auf Nachfrage bei den Eisdielen meistens von Sorte zu Sorte, bei der Innsbrucker Eisgrotte liegt er hingegen laut Chef Rudolf Loferer generell bei rund 17 Prozent – und doch schmeckt Mango im „Tiroler Krone“-Test viel süßer als Topfen-Marille.

Grund dafür könnten die weiteren, unterschiedlichen Zutaten sein: Bei Milcheis (Trocken-)Milch und bei manchen Produzenten auch Sahne, bei Fruchteis Wasser und frische, zuckerhaltige Früchte, manchmal auch Pasten. Als Stabilisator verwenden Eismacher häufig Johannisbrotkernmehl. Seit einigen Jahren greift auch Marchese zu dem Mehl, früher verwendete er Eier.

Kuchen in Eis verwandeln
Der gelernte Konditormeister Andreas Plesner von Udo’s Eisparadies in Kufstein setzt noch heute traditionsgemäß auf pasteurisiertes Eidotter und freut sich: „Ich kann Kuchen in Eis umwandeln!“ Die geschulten Geschmacksknospen zahlen sich aus: Gerade die zwei von mehr als 200 sich abwechselnden Eiskreationen Sachertorte und Topfen-Marillen-Knödel sind wahrlich der absolute Traum.

Die Geschichten hinter der Kunst des Eismachens
Plesner ist mit dem frostigen Geschäft aufgewachsen: Mutter Silvana Sarcletti-Plesner und Vater Udo lernten sich in München kennen. Sie Kind einer Eismacher-Familie, er Konditor.

Familientradition ist die Eismacherei auch bei Eisgrotte-Chef Loferer. Bereits 1939 wurde am Standort Innsbruck das kalte Gold verkauft. Als Loferers Vater 1960 übernahm, wurde der Name von Eisstube zu Eisgrotte geändert. Seit 2008 führt der Sohn in zweiter Generation. Damals stellte er auch die Produktion um: „Im Prinzip ist es immer ein Zylinder mit etwas, das sich drinnen dreht, der Rand wird sehr stark abgekühlt und das Eis dort abgeschabt. Aber früher war es viel mehr Handwerk und Erfahrung.“

Auch in den Adern von Ahmeti und Ari Mirsad fließt Erdbeereis. Oder ist es Himbeere? Das Paar produziert bereits in dritter Generation die cremige Abkühlung. Beide sind „erblich vorbelastet“. Als Ari als Vierjährige sogar mit einer Rieseneistüte aus der „Kronen Zeitung“ lachte, war das Schicksal besiegelt. 2020 eröffnete sie mit ihrem Partner „Mikis Eis“ im Landecker Stadtteil Perjen.

Tricks der Profis für den Eisgenuss und das Bestellen
Die Profis haben natürlich einige Tipps auf Lager. Plesner betont: „Man muss Eis ein bisschen stehenlassen. Wenn es ganz hart und gefroren ist, hat es weniger Geschmack als wenn es schon anfängt, ein bisschen zu schmelzen.“ Ausschlaggebend sei auch der Fettgehalt: Je höher, desto länger bleibe der Geschmack am Gaumen. Marchese, der seine Produktionsstätte „Laboratorium“ nennt und dessen Großvater schon in Palermo Eis hergestellt hat, will in naher Zukunft auf einem Youtube-Kanal Tipps zur Eisherstellung für Zuhause geben.

Daten und Fakten

  • Vegan und laktosefrei sind meist dunkle Schokolade und Fruchteis.
  • Schoko-Eis besteht aus Kakao-Pulver, manchmal zusätzlich aus Kuvertüre.
  • Eisdielen produzieren meist selbst fast täglich. „Eistürme“ weisen auf Zusatzstoffe hin.
  • Klassiker sind in Tirol Schoko, Vanille und Nuss. Das Eis des Jahres in Österreich ist Schoko-Banane.
  • Laut Wirtschaftskammer gibt es in Tirol 13 reine Eisdielen. Der Großteil der Eisdielen sei Konditoreien angeschlossen. Favoriten der „Tiroler Krone“-Leser sind laut Umfrage das Mango-Eis bei Mikis Eisladen, Banane bei der Eisgrotte, Walnuss-Feige bei Tomaselli, Sacher bei Udo’s Eisparadies und Melone bei Da Luigi.
  • Beim „Krone“-Check kostete die billigste Kugel 1,40 €, die teuerste 1,80 €.

Momentan schreibt Andreas Plesner an einem Buch: „Die Kunst des Eisbestellens“. „Wenn ein Mann zwei Kugeln Vanille bestellt, muss ich erst fragen, ob Tüte oder Becher. Wenn ich ihm dann zwei Kugeln Vanille in einer Tüte gebe, heißt es oft, dass er eigentlich je eine Kugel in zwei Tüten wollte“, schildert der Italiener. Wichtig ist ihm auch, dass Kinder nicht von den Elten zum Danken gezwungen werden: „Ich sehe doch die Dankbarkeit in den Augen des Kindes, wenn es das Eis bekommt!“ Er selbst sei anno dazumal mit jedem Eis der „glücklichste Junge auf der Welt“ gewesen.

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