Nach dem „Krone“-Bericht über ein geplantes Sozialzentrum in der Innsbrucker Kapuzinergasse machten sich nun Vertreter von FPÖ, SPÖ und ÖVP ein Bild vor Ort. Wie berichtet, sind die Anrainer schwer in Sorge, dass hier durch geplante 40 Obdachlosen-Kleinwohnungen erneut ein sozialer Brennpunkt entsteht. Rätselhaft ist, wieso hier eine so hohe Baudichte möglich sein soll.
40 Sozialwohnungen ohne Balkon in einem Stadtteil, der zu den dichtest verbauten in ganz Innsbruck zählt und in dem bereits mehrere Sozialeinrichtungen angesiedelt sind: Das ist die Ausgangslage in der Kapuzinergasse, wo die Androschin-Stiftung nun die Obdachloseneinrichtung Teestube aufstocken will.
Um Ruhe gekämpft
Die Anrainer haben ihre Position der Politik in Innsbruck schon mehrmals klar und deutlich dargelegt: „Wir alle sind nicht gegen ein solches Projekt, doch nicht mehr hier, wo wir schon so viele Probleme hatten und auch noch haben. Nach zwei Jahren langer Arbeit haben wir jetzt etwas Ruhe, zumindest am Nachmittag und sonntags“, schildern die Anrainer bei einem Ortstermin.
Anrainer sehen Etikettenschwindel
Sie orten einen Etikettenschwindel auf mehreren Ebenen: Denn ihnen sei mehrfach zugesichert worden, dass gegen ihren Willen nichts unternommen wird bzw. sie in die Entscheidungen eingebunden werden. Des Weiteren wird der soziale Zweck hinterfragt: Die Stiftung erhält rund 150 Euro Miete pro Wohnung. Nach Auslaufen der Finanzierung verfügt sie über eine Wohnbau-Widmung samt Gebäude mit hoher Dichte mitten in der Stadt, das sie ohne Titulierung als sozialer Zweck niemals bekommen hätte.
Sozialstudien warnen
Zudem negiere die Stadt sämtliche Sozialstudien, die belegen, dass diese Art von Wohnbau (dicht und große Anzahl von Kleinstwohnungen) Ghettobildung und soziale Probleme bewirkt.
Bürgermeister Willi: Vergaberecht hat Verein
Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi hält an dem Projekt fest: „Das ist ein Geschenk für die Stadt. Die Investition von fünf Millionen Euro müssten wir sonst selbst stemmen.“ Dass es für die Stiftung ein Geschäft sei, glaubt der grüne Bürgermeister nicht: „Das ist bestenfalls ein Nullsummenspiel.“ Das Vergaberecht liege bei der Teestube in Kooperation mit der Wohn-Servicestelle der Stadt, „die gemeinsam auf eine gute Durchmischung und ein gutes Miteinander der Bewohner schauen.“ Bezüglich hohe Baudichte hält Willi fest, dass diese bereits reduziert worden sei. Insgesamt sei durch eine Fülle von Maßnahmen eine Aufwertung des Stadtteils geplant.
ÖVP: Noch Fragen offen
„Die Befürchtung der Anwohner nehmen wir in der Volkspartei sehr ernst“, sagt der für Sozialagenden zuständige Vize-BM Johannes Anzengruber. Die Sorgen seien jedoch unbegründet: „Sollte dieses Wohnprojekt umgesetzt werden, würden hier nämlich keine sozialen Randgruppen einquartiert. Die Wohnungen sind als Übergangslösung für Bürger in unserer Stadt geplant, die sich in einer Notlage befinden und plötzlich von Wohnungslosigkeit bedroht sind. Für Menschen beispielsweise, die aufgrund einer Lebenskrise oder einer finanziellen Zwangslage ihre Wohnung verlieren oder Personen, die etwa durch einen Wohnungsbrand plötzlich vor dem Nichts stehen. Solche Krisensituationen können jeden in unserer Stadt treffen.“
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