06.05.2020 07:30 |

Anklage nach Gegenwehr

Festnahme einer Soldatin war rechtswidrig

Eine unerwartete Entwicklung nahm der Fall um die Soldatin Sonja A. (Name geändert): Die Grazerin hatte Militärpolizisten angezeigt, da sie bei einer Festnahme misshandelt worden sei. Nun ist sie angeklagt, weil sie sich gewehrt habe. Doch für das Bundesverwaltungsgericht war die Reaktion der Militärpolizei unverhältnismäßig und gesetzwidrig.

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„Mir ist schwarz vor Augen geworden, das war brutal“, hatte Sonja A. im „Krone“-Bericht vom 21. September 2019 erzählt und den Vorfall in der Belgier-Kaserne in Graz geschildert - hier nachzulesen. Damals war sie im Krankenstand und hatte einen Termin bei der Psychologin. Dabei kam es zur Festnahme durch vier Militärpolizisten – wegen „unsteten Aufenthalts“. Für A. war es „schockierend“, eine Gegenwehr stellte sie auch nicht in Abrede. Auch das Bundesheer bestätigte den Vorfall.

Staatsanwalt klagte Soldatin an
Nun, fast acht Monate später, hat die Staatsanwaltschaft Graz Anklage erhoben: Nicht aber gegen die Militärpolizisten, sondern gegen die Soldatin. Vorwurf: versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt. Gegen die Militärpolizisten wurden die Ermittlungen gänzlich eingestellt. Es habe sich „anders dargestellt“, so Staatsanwaltschaftssprecher Hansjörg Bacher.

Festnahme war laut Gericht Gesetzwidrig
Jörg Dostal, Salzburger Anwalt von Sonja A., spricht von „Unrecht“. Er hat nämlich eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht. Und dieser Richter entschied nun: Die Soldatin wurde „durch die vorläufige Festnahme in ihrem Recht auf persönliche Freiheit verletzt“. Heißt: Die Festnahme war rechtswidrig. „Deshalb waren auch die zur Durchsetzung der unrechtmäßigen Festnahme gesetzten Zwangsmaßnahmen gesetzwidrig“, heißt es in der Entscheidung. Für den Anwalt sei es daher „nicht nachvollziehbar, wie in diesem Fall das Heer und die Staatsanwaltschaft reagiert haben“.

Er verweist auf die Begründung zur Einstellung: Darin hatte der zuständige Ankläger gar keine rechtlichen Bedenken zur Festnahme geäußert. Bacher meint, dass die Gerichtsentscheidung „keine Auswirkungen auf die strafrechtlichen Vorwürfe hat“. Was Dostal bezweifelt. „Wenn es um das Grundrecht Freiheit geht, muss man kämpfen.“ Seiner Mandantin gehe es jedenfalls „nicht gut“, so Dostal, der von psychischem Leid spricht. 

Zur weiteren Information: Die Nutzung einer Waffe, eines sogenannten Kobutans, bei der Festnahme konnte vom Bundesverwaltungsgericht nicht festgestellt werden. Auf eine nähere Prüfung der Zwangsmaßnahmen bei der Festnahme verzichtete das Gericht, da bereits die Anordnung zur Festnahme keine rechtliche Grundlage besaß. 

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