„Dem Täter vergeben“

Für Briefbomben-Opfer ist Rache ein Fremdwort

Steiermark
27.11.2018 05:30

Es gibt Menschen, die tief beeindrucken. Durch Worte, durch Taten. Die einem Vorbilder für das eigene Leben sein können. Weil ihnen Schlimmes widerfahren ist, sie aber keine Rache verspüren. Weil sie verzeihen können. Der Steirer August Janisch und der Kärntner Theo Kelz, zwei Opfer des Briefbomenattentäters Franz Fuchs, sind solche Ausnahmepersönlichkeiten.

3. Dezember 1993, Hartberg: Als August Janisch, Pfarrer von Hartberg, einen an ihn adressierten Brief öffnet, gibt es eine heftige Explosion. Der Geistliche erleidet schwere Verletzungen an der Hand und im Gesicht, nur seine dicke Brille rettet dem damals 51-jährigen Steirer das Augenlicht.

„Rohr“ war eine Bombe
24. August 1994, Klagenfurt: Vor einer zweisprachigen Schule entdecken Passanten ein verdächtiges Rohr. Sprengstoffexperte Theo Kelz und seine Kollegen bringen es zum Durchleuchten auf den Klagenfurter Flughafen. Dort kommt es zur Katastrophe: Das „Rohr“ entpuppt sich als Bombe, die Detonation reißt Kelz beide Hände weg.

Keine Verbitterung, keine Rachegefühle
Janisch und Kelz sind Opfer. Opfer des Südsteirers Franz Fuchs, der in seinem Hass auf Ausländer und Behörden töten und verletzen wollte (mehr dazu hier). Würden sie Zorn empfinden, man würde es verstehen. Wären sie verbittert, man könnte es nachvollziehen. Hegten sie Rachegefühle, niemand könnte es ihnen verdenken.

Doch nichts von alldem empfinden die beiden. Im Gegenteil: Man spürt, dass sie mit sich im Reinen sind. Dass sie ihr Schicksal angenommen haben. Dass weder Schmerz noch die quälende Frage nach dem Warum die Kontrolle über sie gewinnen konnten.

„Für mich ist das Thema abgeschlossen“
„Dem Täter zu vergeben, war für mich kein Problem“, sagt August Janisch, der als Mönch im Zisterzienserkloster Rein lebt. „Das Attentat ist ein Stück meiner Lebensgeschichte. Ich denke nur noch daran, wenn mich ältere Menschen darauf ansprechen, die Jungen können sich daran nicht mehr erinnern. Für mich ist das Thema abgeschlossen.“

Kritik an Asylpolitik
Wesentlich mehr beschäftigt den Pater (er und seine Glaubensbrüder leben im Stift Rein mit Flüchtlingen unter einem Dach) die Asylpolitik der Regierung: „Warum werden Menschen einfach abgeschoben, die integriert sind, alle Angebote annehmen und guten Willen zeigen? Das ist unmenschlich und nicht sinnvoll!“

„Meine neuen Hände“
Ein wahres Kämpferherz schlägt auch in der Brust von Theo Kelz. Nach dem Anschlag bekam er zunächst Prothesen, später dann Spenderhände. „Es sind meine neuen Hände! Heute kann ich meinem großen Hobby, dem Motorradfahren, damit genauso nachgehen wie vor dem 24. August 1994“, freut sich der ehemalige Polizist, der mit seiner Lebensgefährtin soeben von einer China-Reise zurückgekehrt ist. „Das ist alleine der Kunst der Ärzte und der Arbeit des Reha-Teams in Tobelbad zu verdanken.“

„Konnte Schulkindern das Leben retten“
Verbitterung - für Theo Kelz ein Fremdwort. „Denn ich bin mir sicher, dass ich mit meinem Handeln den Klagenfurter Schulkindern das Leben retten konnte. Der Herrgott hat damals halt gesagt, für dich hab ich noch keine Zeit.“

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