Die neue „Buhlschaft“

Ist das Ihre Traumrolle, Frau Tscheplanowa?

Adabei
18.11.2018 08:34

Die neue Buhlschaft der Salzburger Festspiele, Valery Tscheplanowa, spricht mit Conny Bischofberger über ihre Heimat Russland, den Flirt mit Österreich und über den Moment, in dem das Angebot kam, im „Jedermann“ zu spielen.

Journalistische Kapazunder aus ganz Europa haben bei ihr angefragt, nachdem die Salzburger Festspiele bekannt gegeben haben, dass Valery Tscheplanowa, 38, im kommenden Sommer die neue Buhlschaft an der Seite von Tobias Moretti spielen wird. Die Chancen auf ein Interview stehen also schlecht. Zunächst sagt ihre Berliner Agentur freundlich ab, dann gehen Mails hin und her, die ein kleines bisschen Hoffnung machen. Am Freitag steht schließlich ein telefonisches Interview im Raum. Aber die Ausnahmeschauspielerin, die beim Theaterpreis „Nestroy“ in der Kategorie „Beste Schauspielerin“ nominiert war, ruft nicht an. Am Samstagabend kommt dann eine Nachricht von ihr. Sie hat über einige Fragen nachgedacht und schickt ihre Gedanken dazu in roter Schrift. Und zwar vom Flughafen, Tscheplanowa ist auf dem Weg nach Wien und wartet gerade auf den Check-in. Wie sie wirklich denkt, lassen jene Fragen erahnen, die sie NICHT beantwortet.

„Krone“: Frau Tscheplanowa, nerven Sie eigentlich Interviews?
Valery Tscheplanowa: Das nicht. Ich habe in den letzten zehn Jahren in Deutschland ausführlich Rede und Antwort gestanden und dann in den letzten Jahren die Interviews eingeschränkt. Außerhalb der Landesgrenze muss ich natürlich wieder ran.

Für den wichtigsten österreichischen Theaterpreis, den „Nestroy“, nominiert zu sein und gleichzeitig die legendäre Rolle der Buhlschaft angeboten zu bekommen: Macht Sie das stolz oder demütig?
Dankbar.

Bei Ihrer Vorgängerin Stefanie Reinsperger hat „Jedermann“ Tobias Moretti bei der Auswahl ein Wörtchen mitgeredet. Wie war das bei Ihnen?
Wie Herr Moretti zu mir steht, ist mir nicht bekannt.

Können Sie den Moment beschreiben, in dem Sie davon erfahren haben?
Ich saß auf den Stufen zu meiner Gästewohnung und konnte die Anfrage per Telefon kaum glauben. War ich tatsächlich gemeint?

Denkt man über so ein Angebot überhaupt nach oder sagt man sofort „Ja“?
Ich habe darüber nachgedacht, ob ich als eine in Russland geborene und in Deutschland lebende Schauspielerin etwas zu diesem Thema zu sagen habe und antwortete mit „Ja“.

Haben Sie auch Zweifel, Sie könnten es nicht gut genug machen?
Meine Aufgabe ist zu spielen, nicht über mich zu urteilen.

Es heißt oft, die Buhlschaft sei die am meisten überschätzte Rolle. Wenig Text, aber alle Aufmerksamkeit des Publikums. Stimmen Sie dem zu?
Wenig Text oder viel Text ist für mich nicht die Frage. Ein Mann fragt seine Frau, ob sie ihm in den Tod folgt. Ich schätze diese Frage nicht gering.

Ist die Buhlschaft trotzdem eine Traumrolle?
Die Arbeit der Dichter bewegt mich mehr als die einzelne Rolle.

Sie haben sich selbst als „nicht besonders beliebt“ und „keinen schönen Charakter“ bezeichnet. Wie haben Sie das gemeint?
Das Suchen und Finden einer Bühnenfigur kann eine Plackerei sein, da fliegen auch mal die Fetzen.

Stichwort „nicht beliebt“. Wollen Sie nicht der neue Liebling der Salzburger Festspiele werden?
Dass Valery Tscheplanowa nicht den „Aufputz“ für den „Jedermann“ geben wird, war klar. 2017 wurde sie vom deutschen Fachmagazin „Theater heute“ zur „Schauspielerin des Jahres“ gekürt, bei den Salzburger Festspielen brillierte sie in „Die Perser“ von Aischylos, inszeniert von Ulrich Rasche. Regisseur Frank Castorf meinte, sie sei „die Quintessenz aus Bolschoi-Ballerina und russischem T-34-Panzer“. Das will Tscheplanowa weder kommentieren noch entgegnen.

Sie sind in Russland geboren und in Deutschland aufgewachsen. Was ist für Sie Heimat?
Heimat ist die Landschaft, aus der ich stamme. Zu Hause die Sprache, die ich spreche.

Welchen Beziehungsstatus würden Sie in Bezug auf Österreich angeben?
Österreich und ich haben letzten Sommer miteinander geflirtet. Mal sehen, was im nächsten Sommer aus dem Flirt wird.

Ihnen wird eine „ungeheure Disziplin“ nachgesagt. Entspricht das auch Ihrem Selbstbild?
Disziplin braucht es. Aber Ausgelassenheit auch.

Worauf freuen Sie sich im Sommer 2019 abgesehen von Ihrer Rolle als Buhlschaft im “Jedermann" am meisten?
Auf zwei Eier im Glas im Café Bazar.

Von Russland auf den Domplatz
Geboren am 7. März 1980  in Kasan, Russland. Mit acht Jahren kommt Tscheplanowa ins deutsche Dresden. Sie studiert Tanz und Puppenspiel und absolviert ein Schauspielstudium. Auftritte hat sie am Deutschen Theater Berlin, Schauspiel Frankfurt, Residenztheater München. Für ihre Rolle in „Die Perser“ war die mehrfach preisgekrönte Schauspielerin für den Theaterpreis „Nestroy“ nominiert. Im Sommer 2019 wird sie bei den Salzburger Festspielen an der Seite von „Jedermann“ Tobias Moretti die „Buhlschaft“ spielen.

Conny Bischofberger, Kronen Zeitung

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(Bild: kmm)



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