Sender zu "alt"?

ORF-Manager Amon nimmt Radiosender Ö3 in Schutz

Medien
13.09.2016 09:16

ORF-Radiodirektor Karl Amon hält wenig von einer gravierenden Änderung der Flottenstrategie der ORF-Radios. "Wenn wir enger programmieren, verlieren wir Marktanteile", sagte Amon. Der Radiochef, der seit 1978 in verschiedensten Funktionen im ORF tätig war, scheidet mit Jahresende aus seinem "Traumjob" aus. Feuer am Radiodach des ORF sieht Amon nicht.

ORF-Finanzdirektor Richard Grasl hatte ja im Wahlkampf um den Posten des Generaldirektors vor allem Nachjustierungen bei Ö3 und FM4 gefordert. Ö3 verliere bei der Jugend und sei einem hohen Risiko ausgesetzt, analysierte Grasl. FM4 sollte deshalb nach dem Vorbild von BBC Radio 1 zu einem in der Hörerakzeptanz jungen Radio umgebaut werden.

Amon nimmt Ö3 in Schutz
"Das sehe ich anders", meinte Amon dazu. "Wir erreichen immer noch fast 75 Prozent des gesamten österreichischen Radiopublikums. Wenn man so ein dominierender Radioplayer wie der ORF ist, dann ist man nahe daran, dass man sich bei allem, was man in den Markt setzt, selbst konkurriert. Ö3 ist seit Jahrzehnten in führender Marktposition und erwirtschaftet fast die gesamten Budgets der ORF-Radios. Ob wir da pro Jahr ein paar Zehntel verlieren, sind in Wirklichkeit Marginalien", so der Radiodirektor. Und wenn FM4 zusätzliche Marktanteile holt, würde es diese wohl anderen ORF-Radios wegnehmen.

"Im Prinzip sind wir auf einem hervorragenden Weg. Dass wir immer wieder nachjustieren müssen, ist keine Frage." Das sei bei Ö3 mit Reformen am Morgen, zu Mittag und in der Nacht auch geschehen. Als nächstes werde Ö1 folgen. "Ö1 hat die Programmreform fix und fertig in der Schublade. Die große Arbeit ist da schon passiert." In der Morgenschiene wurden mit einem Ausbau der Information bereits erste Schritte gesetzt. "Musik- und Info-Studien am Markt bestätigen uns, dass wir mit Ö1 komplett richtig liegen. Die Publikumszufriedenheit erreicht sowohl bei der Musik als auch bei der Information hervorragende Werte."

Ö1 bekommt Medienmagazin
Ö1 soll seine Kapazitäten weiter verstärkt auf die publikumsstarken Tageszonen Morgen, Mittag und früher Abend konzentrieren. "Herzstück" des noch vom Stiftungsrat zu genehmigenden neuen Programmschemas zur Mittagszeit ist etwa eine neue Talk-Sendung im Anschluss an das Mittagsjournal. Einmal im Monat (Freitag, 19 Uhr) wird es ein Medienmagazin - "es ist Teil der Programmreform" - geben. Die Umsetzung der Ö1-Programmreform ist laut Amon zum 50. Geburtstag des Senders mit 1. Oktober 2017 geplant.

Die Zukunft des Radios sieht Amon rosig: "Ich glaube, dass wir in Zukunft in einer Dreier-Kombination aus analog, digital und Internet-Stream senden. Ein Smart-Chip wählt dabei das jeweils beste Signal aus. Wenn man sich ins Auto setzt und von Wien bis Paris fährt, kann man bis ans Ziel seinen Heimatsender Ö1, Ö3 oder FM4 hören und bekommt zugleich den Verkehrsfunk von Paris geliefert. Radio ist ein Glücksmedium, nicht nur weil es Glück beim Hören schafft, sondern weil es auch das Glück hat, über Smartphones fast überall verfügbar zu sein. Da haben wir einen gigantischen Weltmarkt vor uns."

Markenbindung gegen Streamingdienste
Amons Rezept gegen die Konkurrenz durch globale Streamingdienste ist Markenbindung. "Radios, die ihr Publikum in Fangemeinden verwandeln, werden Erfolg haben. Das ist wie mit eingesessenen Automarken. Und man muss diese Fangemeinden pflegen. Der ORF ist da gut aufgestellt. Ö1 hat rund 50.000 zahlende Ö1-Club-Mitglieder. Auch die FM4-Community und die Ö3-Gemeinde sind gut auf Schiene."

Amon unterstützt Wrabetz-Kurs
In Sachen neuer ORF-Organisationsstruktur unterstützt Amon die Pläne von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. Den Vorschlag, einen der drei Radio-Channel Manager in Personalunion zum Radiodirektor zu machen, hält Amon für machbar. "Wir haben stark besetzte Radiosender, und die meisten Hausaufgaben sind gemacht. Das Radio wird sich nicht auflösen. Das Radio hat sich auch nicht aufgelöst, als vor einigen Jahren Radiodirektor Willy Mitsche schwer erkrankt war und der Generaldirektor die Agenden vorübergehend übernommen hat", so Amon.

Dass es die Radiodirektion in einigen Jahren mit der Übersiedlung auf den Küniglberg nicht mehr geben soll, hält Amon für kein Problem. "In Wirklichkeit braucht man drei Spitzenpositionen: einen Generaldirektor, einen Gesamt-Programmzuständigen für alle Medien mit starken Channel Managern und Content-Verantwortlichen unter sich. Der oder die Programmverantwortliche koordiniert zwischen den Channel- und Content-Verantwortlichen und kümmert sich zugleich um die großen Zukunftslinien. Gute Sender und große Medienhäuser machen das. Und dann braucht es noch einen Finanz- und Technik-Chef. Das wäre die schlankste Struktur, und darum glaube ich, dass die jetzige Lösung ein legitimer Ansatz ist."

Amon glücklich mit Personalentscheidungen
Nach wie vor glücklich ist Amon mit seinen teils umstrittenen Personalentscheidungen. Vor allem die Besetzung von Radio-Innenpolitikchef Edgar Weinzettl - ein kolportierter Wunsch der SPÖ - sowie die Bestellung von Wirtschaftsressortleiter Rupert Kluger - ein kolportierter Wunsch der ÖVP - hatten für Diskussion und Kritik gesorgt. "Ich bin mit fast allen Personalentscheidungen sehr zufrieden. Beispielsweise waren Chefredakteur Hannes Aigelsreiter, Innenpolitik-Chef Edgar Weinzettl und Ö1-Chef Peter Klein großartige Entscheidungen. Die würde ich wieder so treffen."

Interventionen aus der Politik hat Amon in seinen knapp 40 Jahren im ORF aus verschiedenen Positionen und Blickwinkeln erlebt. Die Qualität der Interventionen habe sich über die Jahre kaum verändert. "Es ist eher konstant ähnlich. Der Grad der Unanständigkeit hat sich weder verbessert noch verschlechtert. Aber man kann Politiker auch sozialisieren und erklären, warum man etwas macht oder nicht macht. Ich hatte durchs Nein-Sagen nie einen beruflichen Nachteil, wenn die Erklärung gut begründet und berechtigt war."

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