Regisseurin Cassandra Rühmling inszeniert „Jeanne d’Arc“ nicht nur neu, sondern anders: Im Publikum sitzt bei jeder Vorstellung eine Ansprechpartnerin des Gewaltschutzzentrums.
„Mir geht es darum, das Publikum zu sensibilisieren, was Übergriffigkeit eigentlich bedeutet“, erzählt Regisseurin und Schauspielerin Cassandra Rühmling. Sie inszeniert am Kleinen Theater in Salzburg Stadt „Jeanne d’Arc“. Ein schwerer Stoff. Denn nicht nur das tragische Ende der französischen Nationalheldin steht im Mittelpunkt des Stückes ab 15 Jahren, vor allem das Thema Gewalt gegen Frauen will Rühmling vertiefen. „Ich finde, man kann das dem Publikum zumuten. Aber es ist nach den Vorstellungen immer jemand vom Gewaltschutzzentrum vor Ort, falls jemand Redebedarf hat.“
Rühmling engagierte sich aber nicht nur für eine direkte Kooperation mit dem Gewaltschutzzentrum Salzburg. Auch bei der Gestaltung des Programmheftes hat sie sich etwas Besonderes überlegt. „In dem Heft im Handtaschenformat stehen nicht nur einige Informationen zum Stück, sondern auch Notrufnummern im Falle von häuslicher Gewalt.“
Das Thema Gewalt gegen Frauen beschäftigt Rühmling. Nicht nur auf der Bühne des Kleinen Theaters. „Ich habe die original Prozessakten vom Fall Jeanne d’Arc. Die habe ich von einem Antiquariat schon vor 20 Jahren erworben. Ich habe sie dort zufällig entdeckt“, erzählt die gebürtige Deutsche. Besonders hängen geblieben ist ihr das Plädoyer des Bischofs und seine Ausführung, wie er Jeanne d’Arc hingerichtet sehen will. „Und die Stelle, an der geschrieben steht, dass Jeanne d’Arc quasi mit ihrer Art sich zu kleiden Unheil gebracht hat. Diese fadenscheinigen Argumente gab es damals , wie heute noch.“
Alleine heuer wurden in Österreich bisher mehr als 20 Frauen ermordet. Nach Angaben der autonomen österreichischen Frauenhäuser ist in Österreich jede dritte Frau von körperlicher und/oder sexueller Gewalt innerhalb oder außerhalb von intimen Beziehungen betroffen. Das sind nahezu 35 Prozent der weiblichen Bevölkerung Österreichs. Die bisher umfangreichste Studie zu geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen in Österreich gibt es über das Jahr 2021. Die erschreckenden Ergebnisse: Jede vierte Frau wurde bereits Opfer von Gewalt.
Wir beleuchten zum Beispiel das Phänomen Täter-Opfer-Dreieck. Also den Umstand, dass sich Frauen immer wieder den selben Typ Mann suchen, von dem sie wissen, dass er sie schlecht behandeln wird.
Cassandra Rühmling
2022 hat Rühmling mit Vorbereitungen zum Theaterstück begonnen. „Ich beleuchte den Fall Jeanne d’Arc aus heutiger Sicht. Als neuen Ansatz miteinfließen lassen habe ich die Frage: Was wäre, wenn Jeanne d’Arc in ihrer Jugend missbraucht worden wäre“, sagt die Regisseurin. Dazu hat Rühmling auch mit Therapeuten und Psychologen gesprochen. „Wir beleuchten zum Beispiel das Phänomen Täter-Opfer-Dreieck. Also den Umstand, dass sich Frauen immer wieder den selben Typ Mann suchen, von dem sie wissen, dass er sie schlecht behandeln wird.“
Das Kleine Theater zeigt „Jeanne d’Arc“ als Neuinszenierung von Cassandra Rühmling ab dem 3. November. Bei Voranmeldungen sind weiterführende Workshops zur Thematik möglich.
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