Die Kunde des Ministeriums, dass die HTL Reutte ab sofort eigenständig ist, wurde auch von der Außerferner Wirtschaft abgefeiert. Fünf Jahre lang kämpfte man um eine autonome Ingenieurschmiede. Die Loslösung von der Innsbrucker HTL ist aber alles andere als ein Geschenk!
„Im Bezirk Reutte haben wir seit Freitag eine neue Zeitrechnung in der Bildung“, so Wirtschaftskammer-Chef Wolfgang Winkler fast überschwänglich. Am Freitag bekam man nämlich vom Ministerium die Nachricht, dass die HTL Reutte eigenständig und autark ist. Für Ideengeber Winkler, der sich für die Ingenieursschmiede im Außerfern seit Jahren beharrlich einsetzt, ein Quantensprung. Stets an seiner Seite der Direktor der Handelsakademie und damals auch der Handelsschule Werner Hohenrainer: „Ein Sieg nach einem fünfjährigen Kampf gespickt mit unzähligen Besprechungen, Sitzungen und Online-Meetings.“
Okay durch Minister Polaschek
Zu besprechen gab es genug. 2020 startete nämlich die neue HTL in Reutte für Wirtschaftsingenieure und Betriebsinformatik, zweifellos ein Meilenstein. Allerdings als sogenannte dislozierte (externe) Klasse der Innsbrucker HTL Anichstraße unter der Führung der dortigen Direktion. Ein Kompromiss, der von den Antreibern bestenfalls ein temporäres „genügend“ bekam. Das Ziel war immer schon, eigenständig zu sein. Am Freitag bekam man nun unter stürmischem Beifall das Okay von Minister Martin Polaschek.
Ohne Plansee hätten wir keine Chance gehabt.
Wolfgang Winkler
Plansee machte seinen Einfluss sicher geltend
Dieser besuchte im Herbst das Plansee-Headquarter in Breitenwang. Dem CEO Karlheinz Wex kam der zuständige Minister gerade recht, denn Plansee ist die stärkste Kraft hinter der HTL-Idee. Und stark sei auch der Einsatz von Bildungs-LR Hagele in dieser Causa gewesen. „Ohne Plansee hätten wir keine Chance gehabt“, weiß Winkler. Das weltweit erfolgreiche Unternehmen investierte jüngst 10 Millionen Euro in eine topmoderne Halle für die Lehrlingsausbildung. Diese steht nun auch den HTL-Schülern für ihre Praxisausbildung zur Verfügung und Plansee stellt auch die Lehrenden.
„Definitiv die günstigste HTL in ganz Österreich“
Für den zukünftigen HTL-Direktor Hohenrainer war es ein unglaublicher Spagat: „Eine HTL ist eigentlich die teuerste Schulform, doch für den Bund ist es in unserem Falle ein Nullsummenspiel, weil alles schon da ist. Unsere HTL ist sicher die günstigste in ganz Österreich.“ Eine hochmoderne, nagelneue Praxis-Location also, Schulräumlichkeiten im HAK-Gebäude und das Lehrpersonal? Aus Innsbruck seien bisher ohnehin nur 15 Prozent der Lehrenden gekommen. Ab Herbst wird aus Innsbruck nur mehr eine Lehrperson über den Fernpass pendeln, ansonsten stammt der Lehrkörper aus der Region - die allgemein bildenden Fächer werden natürlich von den HAK-Lehrern abgedeckt.
Handelsschule und Zweig des Gymnasiums geopfert
Geschenke gibt‘s also nicht und so hatte die Autonomie einen weiteren Preis: Die Handelsschule und der technische Zweig des Realgymnasiums mussten geschlossen werden. „Für uns war klar, dass wir diesen Preis zahlen, weil nun im Bezirk alle Arten der Ausbildung abgedeckt sind“, kann Winkler den Stolz nicht verhehlen. Die 30 Erstklässler werden also im Herbst in eine neue Ära starten. Nimmt man alle vier Jahrgänge zusammen, bildet die HTL Reutte im kommenden Schuljahr 121 zukünftige Ingenieure aus. 2025 werden die ersten maturieren.
Für WK-Chef Winkler allerdings noch nicht das Ende der Fahnenstange. Seine Vision ist ein Campus mit allen bestehenden technischen Ausbildungen, wie etwa die WK-eigene „Elektroakademie Reutte“, unter einem Dach für den industrialisiertesten Bezirk Tirols.
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