
Nach fast 20 Jahren Arbeit steht die neue Gesamtedition von Ödön von Horváths Werken jetzt kurz vor der Fertigstellung. Herausgeberin und Autorin Nicole Streitler-Kastberger gibt Einblick in das 19 Bände umfassende Großprojekt.
Ödön von Horváths Komödie „Zur schönen Aussicht“ ist eines seiner frühesten Stücke, geschrieben 1926/27. Allerdings verschwand es vorerst in der Schublade und wurde erst 1969 uraufgeführt - übrigens am Grazer Schauspielhaus in der Regie von Gerald Szyszkowitz. Das und noch vieles mehr schüttelt die Literaturwissenschafterin, Autorin, Kritikerin und Kuratorin Nicole Streitler-Kastberger aus dem Ärmel. Was kein Wunder ist, arbeitet sie doch seit 2005 an der „Wiener Ausgabe“ des Werks von Ödön von Horváth - der kritischen Gesamtedition eines der wohl bedeutendsten österreichischen Autoren der Zwischenkriegszeit.
19 Bände umfasst diese Mammut-Aufgabe, bis auf zwei sind alle erschienen. Und die noch fehlenden sind für heuer geplant. Darüber hinaus soll ebenfalls noch in diesem Jahr ein Horváth-Handbuch (mit gut 700 Seiten Umfang) veröffentlicht werden.
Ich habe mir damals nicht gedacht, dass die Arbeit fast 20 Jahre lang dauern würde.
Nicole Streitler-Kastberger
„Ich habe zuvor an einer Musil-Ausgabe gearbeitet, darum ist man auch bei diesem Horváth-Projekt an mich herangetreten“, erzählt die an der Grazer Uni tätige Wissenschafterin. „Dass diese Arbeit fast 20 Jahre dauern würde, war mir damals nicht klar.“ Jetzt allerdings, da sich das Projekt seinem Ende zuneigt, ist Streitler-Kastberger doch recht froh darüber. „Endlich kann ich mich auch wieder anderen Autoren zuwenden.“ Obwohl: Ihre Habilitations-Schrift, auf die sie sich stärker konzentrieren will, dreht sich ebenfalls um Horváth, und ein Jahrbuch rund um den Autor schwebt ihr ebenfalls vor.
Mit der sehr genau edierten „Wiener Ausgabe“ jedenfalls haben Streitler-Kastberger und ihre Mitstreiter ein Standardwerk vorgelegt, das zwar hochpreisig (wie alles aus dem renommierten De-Gruyter-Verlag), aber ohnehin eher für Bibliotheken gedacht ist.
Lesen kann die Texte jeder
Neben der analogen Ausgabe, die alle abgeschlossenen und Fragment gebliebenen Werke sowie sämtliche Briefe und Lebensdokumente des Autors umfasst, findet man das Meiste auch digital wieder. Und auch der Reclam-Verlag verwendet für seine wesentlich günstigeren Ausgaben die „Wiener Edition“ als Grundlage.
„Ich freue mich auch über Theater, die sich melden, um Hintergründe und literarische Vorstufen zu erkunden“, betont Streitler-Kastberger. „So wie jetzt auch die Dramaturgin der Grazer Produktion ,Zur schönen Aussicht‘“. Die hat übrigens am heutigen Freitag am Schauspielhaus Graz Premiere.
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