Schauspielhaus Graz

Bühne frei für den Kampf einer Frau um Anerkennung

Steiermark
22.10.2022 16:31

Wussten Sie, dass William Shakespeare eine talentierte Schwester hatte? Dieser Theorie zumindest geht Paula Thielecke in „Judith Shakespeare - Rape and Revenge“ nach. Das Grazer Schauspielhaus bringt das Stück in Kooperation mit dem Deutschen Theater Berlin zur Uraufführung. Doch Vorsicht! Judith ist nicht bereit, Süßholz zu raspeln, um die Bretter, die die Welt bedeuten, zu erobern.

Mit einem Stück über die Urwälder Europas möchte Judith Shakespeare, die unbekannte Schwester des großen Barden, die Bretter, die die Welt bedeuten, erobern. Doch im Theater wachsen für eine wortstarke Frau wie sie die Bäume nun mal nicht in den Himmel. Es ist ein langer Weg, bis sich für Judith die Tür des Intendanten öffnet. Doch er ist nicht an ihren Ideen, sondern nur an ihrem berühmten Namen interessiert und will, dass sie über ein Thema schreibt, bei dem sich Frauen auskennen - wie Vergewaltigung etwa.

Aufbegehren gegen Opferrolle
Es ist der verzweifelte, wütende Kampf einer Künstlerin um Anerkennung, die Paula Thielecke in ihrem Stück thematisiert. Ganz generell porträtiert sie aber auch das Aufbegehren gegen die Opferrolle, in die Frauen - nicht zuletzt in den Klassikern der Theatergeschichte, gezwängt wurden und oft immer noch werden. Unzählige Querverweise zu eben diesen weist der Text auf.

Genauso häufig aber sind auch die Schimpftiraden in die Maximiliane Haß in der Titelrolle verfällt. Diese Judith will kein Süßholz raspeln müssen, um zu bekommen was ihr zusteht, sondern sie lässt ihren Worten freien Lauf. Haß glänzt in der Rolle der Einzelkämpferin, die sich in der Inszenierung von Christina Tscharyiski nicht mit Figuren sondern mit einem Chor an Stimmen (Miriam Fontaine, Katrija Lehmann, Mathias Lodd, Sarah Sophia Meyer, Sissi Noé, Clemens Maria Riegler und Rudi Widerhofer) konfrontiert sieht, der nicht nur mit historisch-verstaubten sondern auch mit modern-queeren Positionen auf Judiths Dilemma reagiert: So findet auch eine riesige Vulva ihren Weg auf die Bühne (Ausstattung: Sarah Sassen), die die Darsteller bis zum utopischen Happy End bespielen.

Abrechnung mit Klischees
Das Resultat ist eine theatrale Abrechnung mit Klischees, die mittlerweile selbst zum Klischee verkommen ist. Dass Stück und Inszenierung aus diesem Strudel der Stereotype noch so viel bissige und treffsichere Unterhaltung ziehen können, ist also eine echte Leistung.

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