Kein Nachfolger

Traditionsbäckerei: Nach 90 Jahren ist Ofen aus

Steiermark
09.05.2022 06:00

„Danke unseren Kunden für die langjährige Treue“: Mit Wehmut hat Hildegard Lemmerer mit schwarzem Filzstift ein Plakat geschrieben und vor ihrer Bäckerei in Liezen aufgehängt. Nach 90 Jahren ist der Ofen im bekannten Traditionsbetrieb der Bezirkshauptstadt aus - die Besitzerin musste schweren Herzens die Pforten für immer schließen.

„Wir wollten heuer eigentlich noch das runde Jubiläum feiern, leider hat sich jedoch kein Nachfolger für die Übernahme gefunden“, seufzt die Obersteirerin, die jetzt die Bäckerschürze an den Nagel gehängt hat.

Ihre Großeltern befeuerten 1932 zum ersten Mal die Öfen, im Jahr 1977 eröffnete die bald 70-Jährige im selben Haus eine Konditorei. „Das Café werde ich aber weiterführen, solange es gesundheitlich halt noch geht.“ „Hoffentlich lange, denn die Mehlspeisen sind die besten weit und breit“, sagen Roswitha und Peter Fixl, die häufig aus Lassing auf Kaffee und Kuchen vorbeikommen. „Wir haben auch immer Allerheiligenstriezel und das Liezener Brot bestellt, das nach alter Tradition hergestellt ist.“

Täglich in der Region unterwegs
Auf diese kostbaren, in der Familie überlieferten Rezepte ist Lemmerer besonders stolz. „Sehr beliebt waren unser Natursauerteigbrot, die Pizzaweckerln und die frischen Semmeln.“ Die Qualität der Waren wussten auch die Mitarbeiter vieler Werkstätten in der Region zu schätzen, die die gelernte Konditorin täglich mit Jause belieferte. „Mit meinem Transporter war ich jeden Tag in Rottenmann, Selzthal, Lassing, Aigen und Irdning, wo ich viele unterschiedliche Menschen kennengelernt habe.“

Obwohl ihr Sohn selbst Bäckermeister ist und im Laden öfters ausgeholfen hat, will er nicht dauerhaft nach Liezen ziehen. „Der Job ist natürlich wenig familienfreundlich - und Urlaub ist Mangelware“, gibt Lemmerer zu, auch wenn ihr das Aus für die Ennstaler Institution „ewig leid“ tut.

35 Jahre lang schon um 1.30 Uhr in der Backstube
Was sie jedoch nicht vermisst, sind die unchristlichen Arbeitszeiten. „Ich hab oft um 0.30 Uhr angefangen und bin 35 Jahre lang ab 1.30 Uhr in der Backstube gestanden. Das schaffst du nur im starken Familienverband - mein Mann ist Bürgermeister von Wörschach - und mit tollen Mitarbeitern, die ich hatte.“ Das Schönste in den ersten Tagen der Pension: das Ausschlafen. „Und endlich kann ich abends länger aufbleiben“, schmunzelt Hildegard Lemmerer.

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