Viele Farben verboten

In Tirols Tattoo-Läden herrscht graue Stimmung

Tirol
12.01.2022 18:00

Mit 4. Jänner trat in der gesamten EU eine Verordnung in Kraft, die 4000 Chemikalien in Tattoofarben und Permanent Make-up verbietet, weil sie gesundheitsschädlich sein könnten. Durch die Verordnung ist ein Großteil der bunten Tattoofarben nun illegal. Die Branche in Tirol reagiert darauf mit Wut und Unverständnis.

„Wir bekommen eine katastrophale Watschen“, ärgert sich Paul Madreiter, Berufsgruppensprecher der Tätowierer in der Tiroler Wirtschaftskammer, angesprochen auf die Frage, welchen Einfluss die neue EU-Verordnung auf seine Branche hat. Schon durch Corona sei es in letzter Zeit nicht einfach gewesen, immer wieder hätten die Studios zugehabt: „Jetzt nehmen sie uns die Farben auch noch weg.“

Farbe darf nicht einmal mehr gelagert werden
Genau genommen verbietet die EU seit 4. Jänner mehr als 4000 Chemikalien in Tätowierfarben und Permanent Make-up, weil deren Inhaltsstoffe möglicherweise schädlich sind. De facto heißt das: So gut wie alles Bunte fällt damit weg, die Auswahl begrenzt sich auf Grau und Schwarz. Wann wieder Farben verfügbar sind, ist noch offen. Zwar erfüllen einige die EU-Voraussetzungen, doch diese sind heiß begehrt, was zu Lieferverzögerungen führt.

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Man muss aufpassen, dass man nicht auf schwindelige Angebote hinein fällt.

Sandra Ostermünchner

„Man hängt halt ständig in der Luft, weil man nicht weiß, wann es jetzt Farben gibt“, beklagt sich Sandra Ostermünchner. Die Betreiberin von Eastermoon Tattoo in Zirl sticht großteils bunte Motive, dementsprechend angewiesen ist sie auf Farben – derzeit schaut es aber schlecht aus. Es gebe zwar Hersteller, die Konformität versprechen, „aber da muss man aufpassen, dass man nicht auf schwindelige Angebote hinein fällt“.

Sonst kann es schnell teuer werden: Es warten saftige Geld- oder gar Gefängnisstrafen auf Betriebe, die die verbotenen Substanzen weiter verwenden. Und: „Man macht sich schon straffällig, wenn man Farben im Studio hat“, betont Paul Madreiter. Altbestände können also nicht aufgebraucht werden: „Ich habe am 4. Jänner eine Wertigkeit von einem Kleinwagen weggeschmissen.“

„So abrupt war das alles wirklich nicht in Ordnung“
Der Frust in der Branche sei groß, wie der Berufsgruppensprecher betont. Nicht nur Tätowierer, sondern auch Anbieter von Permanent Make-up leiden darunter. Edith Mörwald betreibt das Kosmetikstudio Beauty Image in Hall und fühlt sich „schon ein wenig vor den Kopf gestoßen“. Die Info sei relativ spät gekommen, sodass bereits bestellte Farben nun verworfen werden müssen.

„Die Art und Weise, dass man das so abrupt gemacht hat, war nicht in Ordnung. Man hätte das ein bisschen längerfristig planen können“, kritisiert Mörwald. Mit Engpässen habe sie nicht zu kämpfen, da sie rechtzeitig Alternativen bestellt habe. „Die Tätowierer sind die Armen.“ Auch deren Kunden leiden. Ostermünchner muss ihre Kunden derzeit ständig vertrösten. „Es gibt größere Projekte, die fertiggestellt werden sollten, sie müssen jetzt alle warten“, bedauert sie, „oder man macht erst einmal nur die Linien.“

„Dieses Verbot befeuert nun die Schwarzarbeit“
Wer doch nicht warten möchte, fährt nun eben in das Nicht-EU-Ausland oder lässt sich unter der Hand stechen. „Meines Erachtens ist das Verbot eine Förderung der Schwarzarbeit“, kritisiert Madreiter.

Wer schwarz tätowiert, hat keinen Gewerbeschein und damit auch keine Prüfung abgelegt. „Derjenige hat kein fachgerechtes Tätowieren erlernt“, warnt Madreiter und spielt dabei vor allem auf Wissen zu Hygiene und Materialkunde an. Er befürchtet, dass die Tattooszene „wieder in den Keller“ gedrückt wird, also in den unregulierten Bereich.

Petition brachte keinen Erfolg
Eine Petition mit knapp 175.000 Unterschriften, die die österreichischen Tätowierer beim EU-Petitionsausschuss gegen die Verordnung eingebracht haben, blieb ohne Erfolg. „Ein Kollege in der Innung hat die Arbeit schon niedergelegt“, zeigt Madreiter auf.

„Hoffen wir, dass es bald wieder Farben gibt“, beschwört Ostermünchner, bleibt aber vorsichtig. Mit 2023 werden nämlich zwei weitere Pigmente, grün und blau, verboten: „Dann muss man wieder neu experimentieren.“

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