Wirbel um Pflegeheim

Auf leise Kritik folgt donnernder Rauswurf

Steiermark
07.11.2021 08:00

Es ist ein Fall von Repression, der sprachlos macht: Nachdem Marc Ortner Vorwürfe zum Pflegeheim Deutschlandsberg in der Steiermark, die aus der Bevölkerung an ihn herangetragen wurden, in seiner Funktion als Gemeinderat auf die politische Tagesordnung brachte, wurde er von seinem Arbeitgeber vor die Tür gesetzt. Einflussnahme kam zuvor von der Volkshilfe, die das Seniorenheim betreibt.

Marc Ortner sitzt seit Jahren für die Grünen im Gemeinderat von Deutschlandsberg und seit 2020 aufgrund des guten Wahlergebnisses auch im Stadtrat.

Vorwürfe aus Bevölkerung
Als im heurigen Frühjahr ehemalige Angestellte des örtlichen Pflegeheimes und Angehörige von Bewohnern an ihn herantraten und über Missstände klagten, sah es der Steirer, im Brotberuf Apotheker, als seine Pflicht, diese im Gemeinderat zu deponieren. Was er am 30. Juni 2021 auch tat: „Es ging unter anderem um den Vorwurf, wonach Bewohner wegen Personalmangels bereits nachmittags Schlafmittel verabreicht bekommen würden“, erzählt Ortner.

Gemeinderat informiert
Dass nicht er diese Anschuldigungen erhob, sondern lediglich als Sprachrohr diente, wurde im Protokoll zur Gemeinderatssitzung festgehalten. „Ich sah mich schlicht in der Verantwortung, alle Gemeinderäte zu informieren, um in weiterer Folge darüber zu beraten, wie wir damit umgehen“, betont der zweifache Familienvater.

Zitat Icon

Ich sah mich in der Verantwortung, alle Gemeinderäte zu informieren, um in weiterer Folge darüber zu beraten, wie wir damit umgehen

Marc Ortner

Anonyme Vorwürfe
Doch statt eines sachlichen Versuchs einer Aufklärung folgte ein emotionsgeladener Tiefschlag dem nächsten: Mehrere Beschwerde-Anrufe und -Mails wurden teils von der Volkshilfe als Träger des Pflegeheimes, teils anonym an verschiedenen Stellen abgesetzt, meist mit der Absicht, Ortner zu diskreditieren.

Volkshilfe setzte den Arbeitgeber unter Druck
Auch der Arbeitgeber, eine steirische Apotheke, wurde in die Auseinandersetzung involviert. In einem Schreiben vom 27. August forderte eine Volkshilfe-Führungskraft den Apothekenbesitzer, mit dem seit Jahren ein Medikamente-Liefervertrag besteht, zu einer „Distanzierung“ auf - ansonsten sehe man sich gezwungen, „die Geschäftsbeziehung zu beenden“.

Auf Liefervertrag-Storno folgte Kündigung
Am 16. September kam dann für Ortner wie aus dem Nichts die Kündigung, nachdem kurz zuvor tatsächlich der Medikamente-Liefervertrag storniert worden war: „Ich habe mir zehn Jahre nichts zuschulden kommen lassen - und dann das“, ist der Mann zutiefst enttäuscht.

Juristisches Nachspiel
Der Pharmazeut sah sich gezwungen, die Kündigung anzufechten, Unterstützung kam von Lambert Schönleitner, Kontrollsprecher der steirischen Grünen: „Ich verlange die volle Rehabilitierung unseres Stadtrates durch die ,Steirische Volkshilfe’. Das Unvermögen einer Organisation dieser Größe, mit völlig legitimen Fragen zur Qualitätssicherung einen zeitgemäßen Umgang zu finden, kann nicht ohne Konsequenzen bleiben.“

Zitat Icon

Ich verlange die volle Rehabilitierung unseres Stadtrates durch die ,Steirische Volkshilfe’

Lambert Schönleitner, Grüner Kontrollsprecher

Pflegeheim-Betreiber um Lösung bemüht
Volkshilfe-Geschäftsführer Franz Ferner sichert auf „Krone“-Nachfrage eine vollständige Aufklärung zu: „Der Gemeinderat erhob seine Vorwürfe, die übrigens falsch sind, unaufhörlich und an mehreren Stellen, ohne mit den Vertretern des Hauses vorher persönlich zu sprechen. Dennoch hätte die Sache nicht so eskalieren dürfen. Ich werde versuchen, Hausleitung, Apotheke, Ortner und einen externen Mediator an einen Tisch zu holen. Ich hoffe, doch noch zu einer konstruktiven Lösung zu kommen.“

Der Arbeitgeber war für eine Stellungnahme leider nicht erreichbar.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Steiermark



Kostenlose Spiele