Da anerkannte Flüchtlinge aus der Grundversorgung fallen, benötigen sie eine eigene Wohnung. Meist werden die Mietkosten vom Sozialamt getragen. Einige Vermieter in Tirol verlangen allerdings Mietsätze, die zwar knapp unter der Höchstgrenze liegen, aber unverschämt teuer sind. Das Land Tirol verweist darauf, dass derzeit eine Erhebung zu den Mietpreisen in den Tiroler Bezirken im Gange ist.
Asylwerber dürfen nur so lange in einem Flüchtlingsheim betreut werden, bis sie einen positiven Aufenthaltsstatus erhalten haben und als anerkannte Flüchtlinge beziehungsweise Asylberechtigte gelten. Sie erhalten folglich auch ein Aufenthalts- und Arbeitsrecht in Österreich sowie Zugang zu Sozialleistungen.
In vielen Fällen übernimmt Sozialamt die Mietkosten
Bekommen die anerkannten Flüchtlinge Asyl gewährt, fallen sie spätestens vier Monate nach dem positiven Asylbescheid aus der Grundversorgung und müssen sich selbstständig am freien Wohnungsmarkt eine Unterkunft suchen. Da viele von ihnen in dieser Lage Mindestsicherung beziehen, übernimmt das Sozialamt die Mietkosten. Das wiederum dürften einige Vermieter schamlos ausnutzen, wie ein aktueller Fall zeigt.
Ein stolzer Preis für eine Einzimmerwohnung
Laut einem der „Tiroler Krone“ zugespielten Mietvertrag stellt ein Vermieter (Name der Redaktion bekannt) eine 17 m2 kleine Garçonnière in Innsbruck zur Verfügung. Der Mietzins beträgt 445 €, die Betriebs- und Heizkosten belaufen sich auf 131,10 €. Das ergibt monatliche Mietkosten in der Höhe von 576,10 € – ein stolzer Preis, vor allem wenn man sich diverse Angebote auf den Immobilienplattformen im Internet ansieht. Dort ist etwa eine voll möblierte 25 m2 kleine Garçonnière samt kleinem Balkon in Innsbruck bereits ab 470 € zu haben, eine 30 m2 kleine Einzimmerwohnung gibt es ab 400 €.
Die Garçonnière ist für den Asylberechtigten Herrn A. (Name der Redaktion bekannt) gedacht. Da er Mindestsicherung bezieht, übernimmt das Sozialamt die Mietkosten. Hierfür wurden mit Februar 2021 maximale Höchstsätze, die für eine Einzimmer-Wohnung bezahlt werden können, festgelegt. Die Höchstgrenze für Innsbruck beläuft sich auf 581 €. Diese dürften dem Vermieter bekannt sein, denn er bleibt mit seinem Mietsatz nur fünf Euro unter dem maximalen Höchstsatz. Das kann nahezu kein Zufall sein.
„Ist pure Abzocke, eine bodenlose Frechheit“
Zumindest Liste Fritz-LA Markus Sint ist überzeugt, dass es sich bei dieser Causa um einen „reinen Mietwucher“ handelt. „Das ist ein Mietpreis von knapp 34 € pro m2 – pure Abzocke, eine bodenlose Frechheit. Es ist mir auch ein Rätsel, wie bei einer 17 m2 kleinen Garçonnière jeden Monat 131 € Betriebskosten anfallen können“, ärgert sich Sint.
„Die Höchstgrenze pro Quadratmeter festlegen“
Dieser „rücksichtslose Mietwucher“ sei wohl kein Einzelfall. „Solche Vermieter nutzen die Not der Mieter aus, hier die Not des anerkannten Flüchtlings. Herr A. braucht unbedingt ein Dach über dem Kopf, weil er nicht mehr im Heim bleiben kann. Er muss also nehmen, was er findet. Und derartige Vermieter nutzen auch schamlos die Steuerzahler aus, die in diesen Fällen die Wohnungskosten übernehmen. Sie handeln somit doppelt rücksichtslos. Ihnen fehlt jedes Unrechtsbewusstsein, das ist zum Schämen“, analysiert der Politiker.
Sie handeln somit doppelt rücksichtslos. Ihnen fehlt jedes Unrechtsbewusstsein, das ist zum Schämen.
Liste Fritz-LA Markus Sint
Niemand verlange, dass ein Vermieter seine Wohnungen kostenlos anbiete. „Aber diesem Mietwucher gehört das Handwerk gelegt. Gerade bei Garçonnièren muss die Höchstgrenze für die Miete pro Quadratmeter geregelt werden. Das wären bei den derzeitigen 18 € pro m2 in Innsbruck am freien Markt dann maximal 306 € für diese 17 m2 kleine Wohnung“, rechnet Sint vor.
„Erhebung in den Bezirken ist im Gange“
„Mit der Wohnkosten-Verordnung des Landes als Teil des Tiroler Mindestsicherungsgesetzes werden jährlich die Höchstsätze für Geldleistungen zur Sicherung des Wohnbedarfs festgelegt - je auf Grundlage der durchschnittlichen Kosten für Wohnungen mittlerer Qualität sowie regional gestaffelt, um auf lokale Unterschiede zu reagieren“, heißt es aus dem Landhaus.
Härtefallkommission im Einsatz
Die maximalen Wohnkosten seien gemäß dieser Verordnung nach Bezirken gedeckelt. Die Höchstsätze seien auf der Homepage des Landes Tirol öffentlich einsehbar. „Insofern kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass sich Vermieterinnen und Vermieter an diesen Höchstsätzen orientieren.“ Bei der genauen Festlegung der Höchstsätze handle es sich immer um einen Balanceakt. Die Festlegung erfolge auch stets in Zusammenarbeit mit einer eigens eingesetzten Härtefallkommission, die Härtefälle prüfe und hier einige Erfahrungswerte gesammelt habe.
Insofern kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass sich Vermieterinnen und Vermieter an diesen Höchstsätzen orientieren.
Land Tirol
„Derzeit ist zudem eine Erhebung zu den Mietpreisen in den Tiroler Bezirken im Gange, bei der man sich weitere Informationen und aussagekräftige Daten für die künftige Festlegung von Höchstsätzen erwartet. Das Land Tirol geht davon aus, dadurch noch treffsicherer und genauer auf die Lebensrealitäten armutsgefährdeter Menschen reagieren zu können", erläutert das Land.
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