Bauernhof in Thiersee

Wichtiger Auffangort für suchtkranke Jugendliche

Tirol
29.11.2020 12:00

Den Teufelskreis, in dem sich suchtkranke Jugendliche befinden, zu durchbrechen, ist - wie berichtet - eine Herkulesaufgabe. Zwei Junglandwirte aus Thiersee reichen Betroffenen samt deren Familien auf ihrem Erholungshof die Hand. Ihr „Hold me“-Projekt ist kostenlos, vielversprechend und für viele unverzichtbar.

Maria Hofmann (28) musste selbst einen Schicksalsschlag erleiden: Ihr wurde der linke Arm amputiert – die „Krone“ berichtete. Doch das hat sie nur stärker gemacht, diese Stärke weiß sie vorbildlich einzusetzen.

„Das wollte ich anderen ermöglichen“
Mit ihrem Ehemann Manuel (31) hat die Tirolerin im Herbst 2019 ein Konzept kreiert. „Während meiner herausfordernden Lebensphase habe ich aus dem Umgang mit Tieren viel Kraft geschöpft. Das wollte ich auch anderen ermöglichen und daher haben wir die Idee geboren, 6- bis 25-Jährigen mit Problemen jeglicher Art Zugang zu unserem Hof und den Tieren zu verschaffen“, erklärt die Pädagogin.

Langfristige Tagesbetreuung
Das Konzept: Ihr Erholungshof ist als Ort gedacht, an dem Betroffene positive und bereichernde Erfahrungen sammeln und Schritt für Schritt wieder in eine Tagesstruktur finden können. „Wir bieten eine langfristige Tagesbetreuung an. Betroffene können sich an sieben Tagen in der Woche bei uns aufhalten“, betont die 28-Jährige und präzisiert: „Wir kümmern uns gemeinsam um die Tiere, kochen und essen zusammen, stellen regionale Lebensmittel her, die wir auch verkaufen, und reden über jegliches Problem.“

Ihre Behinderung löse bei den Betroffenen ein ganz bestimmtes Gefühl aus, wie sie beschreibt: „Sie fragen sich, warum sie sich den harten Drogenkonsum überhaupt antun, wo sie doch sonst vollkommen gesund sind.“

Dieser wichtige Auffangort wird vom Verein Roundtable 49 Kufstein finanziert. Auch der Bürgermeister der Stadt Kufstein, Martin Krumschnabel, hat sich engagiert – siehe Artikel unten. „Noch haben wir keine Verträge mit Sozialeinrichtungen oder dem Jugendamt, aber wir bemühen uns darum“, sagt Hofmann.

Klare Regel: Drogen sind auf dem Hof nicht erlaubt
Die Arbeit mit drogenabhängigen Jugendlichen ist während des ersten Lockdowns entstanden, da sich derartige Anfragen gehäuft haben. Seither haben rund 20 Jugendliche die Hilfe des Paares angenommen.

„Derzeit sind vier junge Erwachsene mit Suchtproblemen regelmäßig bei uns. Die einzige Regel, die wir haben, ist, dass bei uns keine Drogen konsumiert werden dürfen. Die vier Jugendlichen, die parallel in psychologischer Behandlung sind, sind mittlerweile alle clean“, verdeutlicht die Tirolerin.

„Jugendliche betreiben harten Mischkonsum“
Prinzipiell falle Hofmann auf, dass drogenabhängige Jugendliche immer jünger werden, dass sie Mischkonsum aufs Härteste betreiben und dass derartige Familien wenig Hilfe erhalten: „Immer wieder werden Kinder nach deren Einlieferung in die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hall wieder entlassen, weil sie nicht freiwillig dort bleiben wollen. Auch sonst gibt es wenige Anlaufstellen. Viel bleibt daher bei den Familien haften.“

Die Gründe, warum Minderjährige in den Drogensumpf abrutschen, seien vielfältig: „Viele wollen dazugehören und cool sein. Auslöser können außerdem neue Situationen innerhalb der Familie sein. Und etliche Dealer gehen gezielt auf Jugendliche zu und überreden sie, für sie Drogen zu verkaufen – weil Minderjährige nicht strafmündig sind.“

Die Hofmanns hätten viel mehr Anfragen. „Zusätzlich zu meinem persönlichen Assistenten, der mir täglich zur Seite steht, würden wir noch zwei weitere Angestellte benötigen“, sagt Maria. Doch derzeit seien die Mittel begrenzt – das ändert sich hoffentlich bald.

Weitere Details: hold-me.org

Jasmin Steiner, Kronen Zeitung

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