Der Redakteur, Schauspieler und Comedy-Autor Herbert Feuerstein ist am Dienstag in Erftstadt bei Köln gestorben. Der langjährige Sketchpartner von Harald Schmidt wurde 83 Jahre alt. Mit Schmidt arbeitete er unter anderem in der Sendung „Schmidteinander“ zusammen. Die Feder des in Zell am See geborenen Feuerstein, der in den letzten Jahren sehr zurückgezogen lebte, war schon immer spitz, pikte jeden. Auch als Musikstudent im Mozarteum Salzburg. Was sogar mit dem Rausschmiss aus der Musikhochschule endete.
Feuerstein, geboren am 15. Juni 1937 in Zell am See, hatte nach eigener Aussage eine alles andere als spaßige Jugend. Sein Vater war - und blieb - ein strammer Nazi, die Mutter wünschte sich immer bloß, dass er doch mal normal werden möge. Um dieser engen Welt zu entfliehen, begann er ein Musikstudium. Er war schon als 15-Jähriger eingeschrieben, parallel zur Oberschule. Nach dem Abitur 1956 blieb Feuerstein weiter Mozarteumschüler und hätte bis zur Meisterprüfung - er dilettierte auf dem Cembalo und wollte Komponist werden - weitermachen können. Hätte.
Weil es anders kam. Wieso? „Heute würde ich sagen, durch Weisheit, derer ich mir damals noch nicht bewusst war: der innere Drang, der Welt einen weiteren schlechten Musiker zu ersparen“, schilderte Feuerstein in einem Spiegel-Interview 2007 zu seinem 70. Geburtstag. Und führte fort: „Damals habe ich das anders gesehen, mit viel Frust. Im Studium schrieb ich schon für Zeitungen, auch Konzertkritiken. Die wurden mir zum Verhängnis, weil man nicht gleichzeitig Kritiker und Macher sein kann. Oft wird gesagt, Kritiker sind frustrierte Macher - ich kann das bestätigen. Ich habe schwer gesündigt gegen die Kritikerzunft, weil es mir damals wie heute immer nur um die Pointen ging. Ich hätte vielen Abbitte zu leisten, deshalb bin ich dankbar, dass die inzwischen tot sind.“
Der eigentliche Grund fürs Studienende war, dass mit spitzer Feder auch der Hochschulpräsident gepikt wurde. Bernhard Paumgartner - von 1960 bis 1971 auch Vorsitzender des Direktoriums der Salzburger Festspiele - war Mozartforscher, hatte Ambitionen zu komponieren. „Seine Oper mit Rossini-Elementen verriss ich natürlich. Kurz vorher schrieb ich über einen Kammermusikabend von Kollegen. Auf meine Weise, also bösartig. Die haben mich aufgesucht und dafür geohrfeigt“, hatte es Feuerstein nie vergessen.
Zufällig gab es kurz davor einen riesigen Presseskandal, weil Karajan in Salzburg einen Fotografen geohrfeigt hatte. So ging Feuerstein nach seiner Ohrfeige zu seinem Redakteur, der machte gleich einen Beitrag mit der Schlagzeile „Da will schon jeder ein Karajan sein".
Die Folge für Feuerstein: „Das katapultierte mich zum Wiener Boulevard - es hat mich also in die Journalistenkarriere geohrfeigt.“ Das Ende der Mozarteums-Geschichte: Vorsprache bei Paumgartner, in dessen Büro lag dann auch der Verriss seiner Oper - rot angestrichen. „Er fand die Schläge nicht gut, hatte aber Verständnis dafür. Und er legte mir nahe, die Hochschule zu verlassen. Da bin ich eben gegangen.“
Über Wien verschlug es den Zeller 1960 der Liebe wegen nach New York, wo er als Korrespondent arbeitete. Zurück in der Alten Welt, wurde der exzellente Schreiber 1973 Chefredakteur der deutschen Ausgabe der Satire-Zeitschrift „MAD“ und steigerte die Auflage von 10.000 auf 400.000. Er gilt als Erfinder wegweisender Comic-Vokabeln wie „Hechel“, „Ächz“ und „Würg“.
Nebenbei begann er fürs Fernsehen zu schreiben, bekam seine erste TV-Show und saß im Rateteam von Harald Schmidt. Ehe der große Durchbruch mit „Schmidteinander“ kam.
Über sein Studienende sagte Feuerstein noch zu seinem 70er, dass es leicht traumatisiert und eine kleine Macke verursacht hätte. Sein Tipp an alle Studienabbrecher: „Geht wieder zurück an die Uni.“
Sein Leben sah er bei all seiner Neugier im Alter zunehmend hektischer werden, weil die Angst da wäre, etwas zu verpassen. Am Dienstag sind aus Feuerstein leider Neugier wie Angst für immer gewichen.
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