'Gemeinsam geschafft'

Alpinisten “fischen” schwer verletzten Forscher aus Höhle

Steiermark
18.08.2010 22:01
Man hatte Geschichte geschrieben, einen vollkommen unerforschten Bereich einer obersteirischen Höhle gefunden - doch das, was eigentlich ein Forschungsabenteuer hätte werden sollen, hat in der Nacht auf Mittwoch mit einem dramatischen Rettungseinsatz geendet. Ein 31-jähriger Niederösterreicher verunglückte in etwa 115 Metern Tiefe und musste von einem Alpinisten-Team in einem ebenso spektakulären wie riskanten Einsatz geborgen werden.

Fünf erfahrene Höhlenforscher, ein Steirer und vier Niederösterreicher, hatten am Dienstag 200 Meter unterhalb des Tonion-Gipfels nahe Gußwerk im Bezirk Bruck an der Mur die historische Entdeckung gemacht: In der 1977 bis in eine Tiefe von 524 Metern vermessenen Fledermaushöhle war das Eis zurückgegangen. Es gab einen Weg frei, der nie zuvor von einem Menschen begangen worden war.

"Ein neuer Gang..."
"Um 10 Uhr am Vormittag sind wir nahe der Heubodenalm eingestiegen", schildert der 31-jährige Martin H., Berg- und Höhlenretter aus St. Lorenzen im Mürztal. "Das Abseilen in 115 Meter Tiefe war wie ein Schweben - keiner von uns hat in dem Schacht den Felsen gespürt. Dann kam der Moment, von dem jeder Forscher träumt - links von uns ein neuer Gang." Mühsam - einen Teil der Strecke auf dem Bauch - bewegte sich das Team langsam nach vor, etwa 200 Meter weit. Jeder Schritt wurde vermessen.

Vermutlich Haken ausgebrochen
Der ebenfalls 31-jährige Forscher Dieter S. aus Pyra in Niederösterreich entdeckte gegen 18 Uhr eine sechs Meter hohe Rampe und darüber einen Einstieg, den er erkunden wollte. Er kletterte hinauf, hatte sein Ziel gerade erreicht, als plötzlich sein Sicherungshaken aus dem glitschigen Fels gebrochen sein dürfte. Kamerad Christian B. (32) musste mitansehen, wie Dieter S. den Halt verlor, im freien Fall abstürzte und danach über eine weitere, steile Rampe zwölf Meter in die Tiefe kullerte: "Es geschah, was wir als 'worst case' bezeichnen..."

Arzt als "Höhlenanfänger" im Einsatz
Als Höhlenretter hatte Martin H. den "worst case" schon oft geübt, doch nun war er real. "Ich bin rausgeklettert, hab telefonisch den Rettungseinsatz ausgelöst und von der Alm heißes Wasser und viele Decken geholt. Der Schwerverletzte ist unten bei maximal sechs Grad gelegen." 22 Berg-, zwei Höhlenretter und zwei Alpinpolizisten organisierten die denkbar schwierige Bergeaktion (siehe auch Bilder in der Infobox). Besondere Anerkennung gebührt wohl einem Arzt aus Thörl: Obwohl der Mediziner noch nie in einer derartigen Höhle gewesen war, verdrängte er jegliche Platzangst, um ein Leben zu retten.

"Haben es gemeinsam geschafft"
"Es war nicht einfach", berichtet Martin H., "da gab es etwa eine zehn Meter lange Passage, unter der man nur auf dem Bauch durchkriechen konnte." Doch am Mittwoch um 0.40 Uhr war Dieter S. geborgen. Mit mehreren Knochenbrüchen wurde er ins Krankenhaus Amstetten geflogen und ist laut Auskunft der Ärzte außer Lebensgefahr. Martin H.: "Ich möchte dem mutigen Doktor danken, der Polizei, den Kameraden, dem Almwirt und klarerweise auch dem Team vom ÖAMTC. Gemeinsam haben wir ein Leben gerettet."

von Manfred Niederl ("Steirerkrone") und steirerkrone.at

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