5-stündige Operation

“Static Kill” laut BP Erfolg: Bohrloch mit Zement versiegelt

Ausland
06.08.2010 07:12
Der britische Ölkonzern BP hat nach eigenen Angaben das lecke Ölbohrloch im Golf von Mexiko mit Zement versiegelt. Nach dem Einfüllen von Schlamm in den Bohrschacht vor der US-Südküste sei am Donnerstag nach einer fünfstündigen Operation um 14.15 Uhr Ortszeit (21.15 Uhr MESZ) auch die Versiegelung mit Zement abgeschlossen worden, teilte das Unternehmen mit. Das Bohrloch werde nun überwacht, um sicherzugehen, dass die Versiegelung erfolgreich verlaufen sei. Man müsse mindestens einen Tag abwarten, bis der Zement getrocknet sei.

Für das Hineinpumpen von Zement hatte der Krisenbeauftragte der US-Regierung, Thad Allen, grünes Licht gegeben. Mit der "Static Kill"-Methode war es BP am Mittwoch gelungen, mehr als 15 Wochen nach der Explosion ihrer Bohrinsel Deepwater Horizon das Bohrloch von oben mit Schlamm zu verschließen, bevor am Donnerstag Zement in das Bohrloch gepumpt wurde.

"Static Kill" funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie das Manöver "Top Kill", das Ende Mai gescheitert war. Damals gelang es nicht, die Spülung gegen das aufströmende Öl in die Bohrleitung einzufüllen. In einem nächsten Schritt soll nun die Versiegelungsmethode "Bottom Kill" zum Zuge kommen: Dabei werden durch eine Entlastungbohrung auch am unteren Ende der Bohrleitung Schlamm und Zement eingefüllt. Mit dieser Operation will BP Mitte August beginnen.

Seit der Explosion der BP-Plattform Deepwater Horizon am 20. April waren aus dem lecken Bohrloch nach Behördenangaben rund 780 Millionen Liter Rohöl ausgelaufen. Damit ist das Unglück der größte Ölunfall der Geschichte.

Diskussionen um Regierungsbericht
Ein Regierungsbericht über den aktuellen Stand der Ölpest löst unterdessen heftige Diskussionen aus. Der Studie zufolge sind bereits drei Viertel des nach dem Unglück ausgeströmten Öls verschwunden. 33 Prozent seien von Einsatzkräften aufgesammelt oder vernichtet worden, weitere 41 Prozent seien durch die Einstrahlung der Sonne verdunstet, durch Chemikalien aufgelöst oder durch Mikroben zersetzt. "Viel davon basiert auf Modellen, Hochrechnungen und sehr großzügigen Annahmen", kritisiert die Meereswissenschaftlerin Samantha Joye von der University of Georgia in der "New York Times". Die Resultate würden einer wissenschaftlichen Analyse nicht standhalten.

"Es ist sehr schwer, überhaupt Öl an der Meeresoberfläche zu finden", sagt dagegen BP-Vizepräsident Kent Wells. "Aber ich will hervorheben, dass BP weiterhin engagiert bleibt, jegliche Verschmutzung zu beseitigen und die Golfküste wieder in ihren alten Zustand zu bringen." Laut dem Regierungsbeauftragten Allen sollen die Schiffe zum Absaugen des Öls nun näher an der Küste eingesetzt werden.

"Regierung will Ölpest beschönigen"
Die US-Regierung wolle das Problem der Ölpest mit der Studie beschönigen, um das Thema von der politischen Agenda zu bekommen, bemängeln Umweltschützer. Schließlich zeigten die Daten im Umkehrschluss, dass noch mehr als 165.000 Tonnen Öl in der Natur seien - vier bis fünf Mal so viel wie nach der Havarie der "Exxon Valdez" 1989 vor der Küste Alaskas, sagte Greg Butcher, Direktor der auf die Rettung von Vögeln spezialisierten National Audubon Society. "Eine Sichtweise kann auch sein, dass immer noch 26 Prozent der weltgrößten Ölpest da draußen sind."

Nach offiziellen Angaben sind mehr als 1.000 Kilometer Küste verseucht und 24 Prozent der US-Bundesgewässer für den Fischfang gesperrt. Insbesondere das sensible Marschland im Mississippi-Delta leide noch immer unter dem Öl, teilte die Naturschutzbehörde des Bundesstaates Louisiana mit. Die Leiterin der US-Meeres-Behörde (NOAA), Jane Lubchenco, erklärte, die wahren Auswirkungen auf die Umwelt würden "wahrscheinlich noch über Jahre oder Jahrzehnte hinaus" zu sehen sein. Ein Problem sei, dass auch zersetzte Ölreste noch giftig sind und Tiere und Pflanzen schädigen können.

Milliardenstrafen für BP drohen
Am Mittwoch war bekannt geworden, dass BP wegen der Umweltkatastrophe eine Strafe in Milliardenhöhe droht. Auf Grundlage des amerikanischen "Clean Water Act" könnte auf das Unternehmen eine Zahlung von bis zu 5,4 Milliarden Dollar (4,08 Milliarden Euro) zukommen. Sollte grobe Fahrlässigkeit oder eine vorsätzliche Schädigung festgestellt werden, könnte sich die Summe auf 21 Milliarden Dollar (15,9 Milliarden Euro) erhöhen.

Nicht auszuschließen wäre, dass die US-Regierung die Strafe auf 17,6 Milliarden Dollar senkt, sollte sie BP das aufgefangene Öl zugutehalten. Die Strafen wären zusätzlich zu den Kompensationen zu entrichten, die der Konzern den Opfern der Ölpest sowie für die Säuberung der Strände zahlen will. Auf Druck des Weißen Hauses hatte BP einem Hilfsfonds in Höhe von 20 Milliarden Dollar zugestimmt.

Auch Mexiko möchte von BP Geld sehen
Und auch die mexikanische Regierung wil von BP Geld sehen. Das Land plant, den Konzern auf Schadenersatz zu verklagen. Das teilte Umweltminister Juan Rafael Elvira Quesada in Mexiko-Stadt mit, wie die Zeitung "Milenio" am Dienstag berichtete.

"Mit dem Prozess wollen wir erreichen, dass BP den ganzen Schaden bezahlt, der am Ökosystem im Golf von Mexiko angerichtet wurde", sagte Elvira. Als Sofortzahlung verlange Mexiko 70 Millionen Dollar (etwa 53 Millionen Euro). Das sei das Doppelte der Summe, die Mexiko bisher für Maßnahmen gegen die Ölpest ausgegeben habe.

Noch sei kein Öl in mexikanischen Gewässern entdeckt worden, ergänzte Elvira. Dennoch sei das Ökosystem in Mitleidenschaft gezogen worden, was den Tod von Schildkröten, Vögeln und Fischen bedeute. Das endgültige Ausmaß der Katastrophe könne aber erst ermittelt werden, wenn das Unglücks-Bohrloch vor der US-Küste geschlossen sei.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele