Ex-Häftling packt aus:

„Kein Schutz vor Corona für Gefängnis-Insassen“

Tirol
07.04.2020 11:00

Ein Ex-Häftling übt herbe Kritik am Umgang mit dem Coronavirus in der Justizanstalt Innsbruck. Er spricht von Angst und Unsicherheit unter den vielen Inhaftierten. Das Justizministerium weist sämtliche Vorwürfe vehement zurück.

Einige Monate saß ein Österreicher im „Ziegelstadl“ hinter Gittern, vor Kurzem wurde er in die Freiheit entlassen. Als die Coronakrise in Tirol ausbrach, war er im Männertrakt der Anstalt.

Rückblickend übt er herbe Kritik an den „mangelnden Maßnahmen“ innerhalb des Gefängnisses. „Als die Gefahr, die vom Virus ausgeht, bekannt wurde, gab es tagelang keinerlei Sicherheitsvorkehrungen. Wir haben alles aus den Medien erfahren. Selbst dann wurde bei uns nicht die Körpertemperatur gemessen bzw. wurden keine weiteren Maßnahmen getroffen. Es herrschten Angst und Unsicherheit bei den Insassen“, schildert er.

„Mahlzeiten ohne Mund- und Handschutz verteilt“
Es seien sogar neue Häftlinge eingeliefert worden, die ohne genaue ärztliche Untersuchung in die Zellen von Inhaftierten verlegt wurden. Zudem seien die Insassen eines Stockwerkes durcheinandergewürfelt und die Mahlzeiten durch Mithäftlinge ohne Mund- und Handschutz an andere Inhaftierte verteilt worden.

„Gesichtsmasken an die Beamten wurden erst am 10. März verteilt, getragen hat diese nicht jeder von ihnen. Wir haben aber keine erhalten. Wir hätten eine Schutzmaske beantragen können, doch das hätte nicht viel gebracht“, sagt der Mann.

Der ehemalige Inhaftierte kritisiert auch die Duschregelung. „Hier wurden die Insassen von drei bis vier Zellen gleichzeitig und ohne jede Schutzmaßnahme in den Duschraum geschickt“, erinnert er sich, „es wurde auch nicht kontrolliert, ob jene Häftlinge, die Psychopharmaka verordnet bekommen haben, diese einnehmen. Daher floriert der Handel mit Medikamenten extrem.“

Dafür Besuche verboten
Einzig: Besuche wurden eingestellt. „Doch Besucher sitzen ohnehin hinter Glas und sprechen mit den Insassen nur über ein Telefon. Die Ansteckungsgefahr ist gering“, sagt der Häftling.

Wie reagiert das Justizministerium auf die Vorwürfe? „Nach Ansicht des Generaldirektors handelt die Anstaltsleitung der Justizanstalt Innsbruck umsichtig und professionell. Die angeordneten Maßnahmen wurden sofort umgesetzt“, sagt Sprecherin Christine Ratz.

„Diese Unterstellung ist definitiv unrichtig“
Seit Anfang März werden Insassen, die neu eingeliefert werden, in isolierten Zugangsabteilungen untergebracht. „Der Anhaltezeitraum in Innsbruck wurde auf vier Wochen verlängert. Zudem tragen die Bediensteten der Zugangsabteilung FFP2-Masken, Schutzbrillen und Handschuhe. Die Unterstellung, die JA Innsbruck hätte keine Maßnahmen gesetzt, ist daher definitiv unrichtig“, teilt Ratz mit. Die Maskenpflicht für Bedienstete im allgemeinen Bereich gelte seit 1. April.

Bezüglich des florierenden, illegalen Tablettenhandels heißt es: "Die Generaldirektion hat nach Rücksprache mit dem chefärztlichen Dienst am 17. März angeordnet, dass bei der Substitutionsausgabe die anschließende Mundhöhlenkontrolle zu unterlassen ist, da auch diese das Risiko einer Infektion mit Covid-19 steigern kann.

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