2. Prozesstag

„Ich habe ihn geliebt und wollte das nicht“

Salzburg
03.12.2019 08:09

Eine kleine, zierliche Frau saß am Montag tränenverschmiert in der Mitte des voll belegten Schwurgerichtsaales. Salvenartig knipsten Fotografen während der Verteidiger ihr zuredete. Es geht um das Lifestyle-Paar Flachaus. Und um einen Stich, der alles veränderte: Petronela T. (30) soll ihren Ehemann Erich T. (57) getötet haben. Heute ist Tag zwei des Mordprozesses in Salzburg.

Es ist einer der wenigen Mordfälle, über den jeder in Salzburg spricht. Ein toter Promi-Wirt, der weit über die Grenzen hinaus bekannt und beliebt war: Erich T. war Gastronom, Unternehmer und Partylöwe. An seiner Seite stand seine Ehefrau Petronela T.: Sie soll ihn laut Anklage getötet haben. Mit einem Messerstich. Ein Vorwurf, den die zarte Rumänin bestreitet. Noch bevor die Worte „nicht schuldig“ ihre Lippen verlassen, äußert die Frau ein „Tut mir leid, ich wollte nie, dass so etwas passiert.“

Die gelernte Schneiderin war 18 Jahre alt, als sie hierher kam: „Aus bitterer Armut“, wie Verteidiger Kurt Jelinek betont. Ihren ersten Job fand sie im Rotlicht-Milieu. Gleich am ersten Tag lernte sie ihren künftigen Ehemann kennen. Nach sechs Monaten holte der Wirt sie zu sich, trennte sich dafür von seiner damaligen Frau. Elf Jahre waren sie ein Paar – besiegelt 2017 mit einer pompösen Hochzeit.

Anwalt über das Paar: „Es war die große Liebe“
Ab 2010 baute Erich T. die Lisa Alm auf. Mittlerweile ist es eine der bekanntesten Apres-Ski-Adressen Österreichs. Von Beginn an arbeitete die 30-Jährige mit: „Sie haben Tausendprozent zueinander gestanden, jeden Tag“, unterstreicht ihr Anwalt. Sie waren das Lifestyle-Paar in Flachau, ein Aushängeschild der Ski-Metropole. Doch das Leben auf der Überholspur endete am 3. März kurz nach Mitternacht blutig. Von Mord spricht die Staatsanwaltschaft. Das Opfer war vermögend, aber auch verschuldet. Neben der Lisa Alm am Berg und dem Hotel Lisa im Tal besaß Erich T. zwei Wohnungen und schloss mehrere Lebensversicherungen ab. Begünstigt wäre auch seine Ehefrau – das wusste sie. Nicht aber, dass es um 300.000 Euro geht – das einzige mögliche Motiv, das die Anklage nennt.

Angeklagte: „Habe Stich gar nicht realisiert“
Jelinek dagegen spricht von einem „furchtbaren und schicksalhaften Unfall“ und plädiert auf Freispruch. Töten habe sie nicht wollen: „Es war ein einziger Stich, wo niemand hinsticht, wenn man wen umbringen will.“ Mit einem 26-Zentimeter-Küchenmesser, dessen Griff länger als die Klinge ist. Nicht nur ihre Spuren, auch die des Opfers waren auf dem Messer. Das Paar sei laut Jelinek „theatralisch und aufbrausend“. Zudem komme der Faktor Alkohol dazu: Beide waren zur Tatzeit betrunken, aber zurechnungsfähig, so Gutachter Peter Hofmann. 2,5 Promille hatte Petronela T. intus, bei Erich T. waren es 1,8 Promille samt Kokain im Blut. Hofmann sprach von „Berufsalkoholikern“ wie es sie in der Gastro gibt. Beim Opfer kam auch „Schlafentzug“ dazu. In diesem Zustand hatte das Paar gestritten. Auslöser war die Eifersucht des Wirten. Weil seine Frau weiterfeiern wollte. Es eskalierte: „Lieber sterbe ich als einen anderen Mann zu sehen“, soll Erich T. gesagt haben, erzählt die Angeklagte. Sie habe von Scheidung geredet. All dies, während sie sich eine Jause richtete und Fleisch schnitt: „Er packte meine Hand und zog sie zu sich.“ Da soll es passiert sein. Sie dachte sich nichts dabei: „Er hat mit mir weiter diskutiert.“ Dann habe er sein weißes Hemd aufgerissen. Da sah sie Blut. Die Rettung kam, eine Stunde später war Erich T. tot. Weitere Stunden später das erste Verhör: als Zeugin und nicht als Beschuldigte. „Skandalös“. poltert Jelinek. Da hatte Petronela T. von einer Selbstverletzung ihres Mannes gesprochen. Genau dies zitierte der Vorsitzende Helmuth Marco Torpier, hielt ihr dies und anderes vor – gefühlsmäßig wie in einem Kreuzverhör: „Ich hatte Angst, dass mir keiner glaubt.“ Erich habe sie oft derart „erschreckt“, meint sie mit Akzent. Auch von Übergriffen war zu hören.

Gipfelten Arbeitsdruck und Beziehungsprobleme, gepaart mit dem Rausch, in das Geschehene? Jelinek zitierte noch die letzten Worte des Wirten: „Es tut so weh, aber es wird schon wieder.“ Und fragt sich: Ist das Mord? Heute wird weiter verhandelt.

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