Als vor fünf Jahren bekannt wurde, dass Altmeister Martin Scorsese das Mafiaepos „The Irishman“ drehen und Robert De Niro die Hauptrolle übernehmen würde, genügte das, um Filmfans in Vorfreude zu versetzen. De Niro holte dann seinen Freund Joe Pesci aus dem Ruhestand zurück. Am Freitag kommt der Film nun ins Kino, bevor er ab 27. November bei Netflix bereitsteht.
„Ich hab gesagt: Joe, komm schon! Wir wissen nicht, ob wir jemals wieder die Möglichkeit haben, so einen Film zusammen zu machen“, verriet De Niro der dpa. Al Pacino komplettierte die hochkarätige Besetzung. Kaum zu glauben: Der 79-Jährige arbeitete zuvor noch nie mit Regisseur Scorsese. „Marty und ich wollten schon häufiger was zusammen machen“, sagt Pacino, „es ist manchmal merkwürdig. Ich bin selbst überrascht, dass ich noch nicht mit ihm gearbeitet habe.“
Besser spät als nie. Zwar garantieren große Namen und die Erinnerung an Scorsese-Klassiker wie „GoodFellas“ und „Casino“ oder Francis Ford Coppolas „Der Pate“ kein neues Meisterwerk. Doch genau das ist „The Irishman“ geworden.
Im Mittelpunkt der Handlung, die auf echten Personen, wahren Ereignissen und einigen Spekulationen basiert, steht der Kriegsveteran und Lastwagenfahrer Frank Sheeran (De Niro). Er ist „The Irishman“, der Ire, der für den väterlichen Mafiaboss Russell Bufalino (Pesci) in Pennsylvania erst kleinere Aufträge erledigt und schließlich „Häuser anstreicht“. Im Gangsterjargon steht das für Auftragsmorde, für die Blutspritzer an der Wand. Inzwischen im Altersheim, erzählt Sheeran in Rückblenden aus seinem Gangsterleben.
Sheerans krimineller Job wirkt sich negativ auf sein Familienleben aus. Nesthäkchen Peggy (Anna Paquin) zeigt ihrem Vater schweigend, was sie von dessen skrupellosen Machenschaften hält, während dessen Ansehen in der Unterwelt stetig wächst. Bufalino schickt Sheeran nach Washington. Er soll seinem Freund, dem Gewerkschaftsführer Jimmy Hoffa (Pacino) helfen. Der echte Hoffa pflegte in den 60er und 70er Jahren enge Verbindungen zur Unterwelt und war selbst im Gefängnis.
Um die Geschichte von Sheeran, Bufalino und Hoffa zu erzählen, lässt sich Oscar-Gewinner Scorsese („Departed“) Zeit. „The Irishman“ hat die stattliche Lauflänge von dreieinhalb Stunden - und das ist keine Minute zu viel. Das ruhige Erzähltempo ist angemessen, um die zwielichtigen Protagonisten und zahlreichen Nebenfiguren mit Leben zu füllen. Scorsese ist bekanntlich ein Meister darin.
Allenfalls Hoffas Ziehsohn Chuckie O‘Brien (Jesse Plemons) und der Gangster Angelo Bruno (Harvey Keitel) kommen zu kurz. Ansonsten zeichnet der Film mit zahlreichen Details und historischen Bezügen ein vielschichtiges Bild einer turbulenten Zeit. War die Mafia am Kennedy-Attentat involviert? Als Zuschauer kommt man ins Grübeln.
Mit moderner - und kostspieliger - De-Aging-Technik wurden De Niro, Pacino und Pesci auf der Leinwand verjüngt. Bei dem 79-jährigen Pacino ist das beeindruckend gelungen, obwohl er nicht so aussieht, wie er früher aussah. Dasselbe gilt für Pesci (76). An den verjüngten De Niro (76) gewöhnt man sich ebenfalls schnell. Überhaupt nimmt man allen Altstars die Leinwand-Jugend ab. CGI-Technik anzuwenden, anstatt auf jüngere Darsteller zu setzen, war gut und richtig.
Kinostart von „The Irishman“: 15. November.
APA/red
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