Schlagfertig

Martin Grubinger: „Der Brexit kennt nur Verlierer“

Salzburg
20.10.2019 12:20

Percussion-Weltstar Martin Grubinger schreibt in seiner „Krone“-Kolumne „Schlagfertig“ über das Brexit-Drama und die Rolle von öffentlichen Meinungsmachern.

„Ich bin begeisterter Europäer. Und sie alle sind meine europäischen Schwestern und Brüder. Diese politische Scheidung ist im historischen Kontext nur ein Intermezzo. Und ich freue mich darauf, mit ihnen allen als Europäer bald wieder vereint zu sein.“ Letzten Freitag war es mir ein Bedürfnis, beim Konzert mit dem Royal Scottish National Orchestra im schottischen Edinburgh dies meinem Publikum mitzuteilen. Diese Scheidung hinterlässt nur Verlierer.

Eine europäische Union, die über drei Jahre völlig perplex mitansehen musste, wie eine abgehobene Politkaste in London in einer Mischung aus Selbstsucht, Überheblichkeit und gleichzeitigem Bewusstsein des eigenen Bedeutungsverlusts politisch irrlichterte.

Wenn rechte Parteien, unterstützt von gewichtigen Medienhäusern, bewaffnet mit den neuesten methodischen Erkenntnissen der digitalen Kriegsführung, gegen leidenschaftslose Parteiapparatschiks und Pseudo-Europäer antreten, darf der Ausgang nicht überraschen. Zu oft mussten wir mitansehen, wie mit Fake-News öffentliche Meinung manipuliert wurde.

Stephen Bannon mit seiner amerikanischen Breitbart-Drecksschleuder, unterstützt von Cambridge Analytica. Einer Firma, die massiv Daten sammelte, um mit gezielten Falschmeldungen Andersdenkende zu diskreditieren. Mittlerweile musste dieser Laden dicht machen, da man dutzende Gesetzesverstöße nachweisen konnte. Ukip-Chef Nigel Farage, der gerne die Gagen als EU-Parlamentarier kassierte und gleichzeitig die Union bekämpfte. Dazu der opportunistische David Cameron, unterstützt von seinen snobistischen Elite-Uni-Kameraden.

Dazu die englischen Boulevard-Zeitungen. Lügen, Betrügen und Manipulieren. Dieser Giftcocktail blockiert Europa und wird uns noch lange beschäftigen. Ein politischer Verfall ohne Beispiel. Und ja, gerade den großen Meinungsmachern, und zu diesen gehört in unserem Land die “Krone", kommt besondere Verantwortung zu.

Die Blattmacher stehen in der Pflicht, mehr denn je dieser Verantwortung nachzukommen. Ich gebe zu, ich bin ein Profiteur der EU und will das an einem einfachen Beispiel erklären. Etwa zehn Tage vor einem geplanten Konzert werden meine Instrumente an den Konzertorten angeliefert. Es läuft ganz einfach. Einpacken, in den LKW laden und ab damit. Im aktuellen Fall nach Glasgow. Innerhalb der EU ist es ein Kinderspiel. Schon in die Schweiz beginnt es zu nerven. Trotz vorzüglicher Betreuung durch die Wirtschaftskammer müssen Dokumente ausgefüllt werden und Fahrten zum örtlichen Zoll getätigt werden.

Es ist nur ein kleines simples Beispiel, zeigt aber, worauf es hinausläuft. Anstatt uns zusammen zu tun und als starke weltpolitische Stimme aufzutreten, beginnen wir uns wieder gegenseitig einzuschränken. Es ist eine Geisterfahrt in die Vergangenheit. Zurück zum Konzert in Edinburgh. Die Reaktion des Publikums auf meine Konzertrede hat mich sehr berührt. Es war ein langanhaltender, sehr emotionaler Applaus.

Ihr Martin Grubinger

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