Grazer Oper:

Die Sänger machen „Salome“ zum Erlebnis

Steiermark
11.11.2018 17:27

In die Geschichte eingehen - wie die Grazer „Salome“ von 1906 - wird diese Aufführung wohl eher nicht. Dennoch ist in der Oper seit Samstag eine mitreißende Fassung der Richard-Strauss-Oper zu erleben, die vor allem sängerisch und musikalisch zu begeistern weiß.

Man kann sich gut vorstellen, dass das Werk bei seiner Österreichischen Erstaufführung in der Grazer Oper im Jahr 1906 - unter der Leitung von Richard Strauss - für nicht wenig Verstörung gesorgt hat. Davon weiß nicht nur die Musikgeschichte ein Lied zu singen. Die zentrale Frauenfigur, die für die Durchsetzung ihres Willens wirklich zu allem bereit ist, kann man damals wie heute nur schwer erfassen.

Sex und Gewalt
Regisseurin Florentine Klepper versetzt die biblische Geschichte in eine unbestimmte Gegenwart, an den von Sex und Gewalt dominierten Hof eines dekadenten Potentaten. Die Videokamera ist hier allgegenwärtig, zeigt - in meist sehr ästhetischen Bildern (Heta Multanen) - die eitle Selbstsuche einer verwöhnten (Instagram-)Prinzessin, die es gewohnt ist, ihren Willen durchzusetzen. Wenn nötig auch unter Einsatz des eigenen Körpers. Am kühl-eleganten Hof des Herodes (Bühne: Martina Segna) fließt zwar jede Menge Blut, die Auseinandersetzung mit dieser so ungewöhnlichen Figur bleibt jedoch weitestgehend an der Oberfläche. Klepper bedient lieber so manches Klischee, als dass sie das schmerzhafte Eintauchen in die Untiefen dieser so degenerierten Seele wagt.

Die silberne Schüssel wird hier nicht mehr benötigt, auch den „Schleiertanz“ lässt die Regisseurin nur im Video andeuten. Aber die Selbstreflexion junger Menschen findet heute wohl eher mittels Handy-Kamera und in den sozialen Netzwerken statt als mit der schon etwas antiquierten Videokamera.

Beeindruckende Sänger
Zurecht bejubelt wurde am Premierenabend Johanni van Oostrum: Sie schenkt der Salome sowohl stimmlich wie auch darstellerisch Vielschichtigkeit und Dramatik. Beeindruckend - nicht nur ob seiner Stimmkraft und Wortdeutlichkeit - ist Manuel von Senden, der dem Herodes die nötige Schmierigkeit verleiht, dessen Entsetzen aber ebenso nachvollziehbar ist. Auch Iris Vermillion liefert nicht nur eine beachtliche Modenschau (die etwas überinterpretierenden Kostüme stammen von Adriane Westerbarkey), sondern auch eine wunderbare Charakterstudie der schon leicht abgehalfterten Herodias. Wenig differenziert hingegen der Jochanaan von Thomas Gazheli. Umso schöner, dass auch die kleineren Rollen mit Pavel Petrov, David McShane, Konstantin Sfiris, Roman Pichler, Martin Fournier, Neven Crnić, Darius Perczak und anderen mehr nobel besetzt sind.

Für den musikalischen Furor sorgt (nach etwas zögerlichem Start) Oksana Lyniv am Pult der Grazer Philharmoniker. Sie spannt einen wunderbar dramatischen Bogen und liefert jene Tiefe, die der Inszenierung mitunter fehlt. Gemeinsam mit den Sängern macht sie diesen Opernabend zu einem mitreißenden Erlebnis.

Infos und Karten gibt es hier

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