Cole Porters „Kiss Me, Kate“ ist ein echter Klassiker des Genres. An der Oper ist es nun in der schwungvollen Regie des 2017 verstorbenen Lee Blakeley zu sehen - als wunderbar nostalgischer Ausflug in die goldenen Zeiten der großen MGM-Film-Musicals. Im Orchestergraben sorgt Marcus Merkel für viel Swing.
Lee Blakeley hat seine „Kiss Me, Kate“-Version bereits 2016 am Pariser Théâtre du Châtelet herausgebracht. Jetzt ist sie von seiner langjährigen Assistentin für Graz adaptiert worden - mit komplett neuer Besetzung. Miteingekauft wurden zum Glück das wunder- und wandelbare Bühnenbild (Charles Edwards) sowie die prächtigen Kostüme (Brigitte Reiffenstuel), die mit Augenzwinkern das Entstehungsjahr 1948 des Musicals widerspiegeln.
Anleihen von den alten Hollywood-Musicalfilmen
Blakeley hat jede Menge Anleihen von den Hollywood-Musicalfilmen der 1950er-Jahre genommen. Da marschieren Misswahl-Kanditatinnen auf, es kommen Motorroller zum Einsatz, eine glamouröse Ballszene und selbst eine Tortenschlacht. Mit den Anachronismen in Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“, das dem Stück zugrunde liegt, hält Blakeley sich nicht auf, er lässt auch heute fragwürdige Sexismen von 1948 unkommentiert - dafür eignen sich Musicals ohnehin nur bedingt. Aber er zündet mit der klassischen „Theater auf dem Theater“-Geschichte eine rasante Srewball-Comedy und nützt das Augenzwinkern als Schleifstein für so manche Kante. Wunderbare Chor- und Tanzszenen (Sophie Camble hat Nick Winstons dynamische Choreografie für Graz einstudiert) wechseln sich mit spritzigen Dialogen ab und laden zu einem Ausflug ins süße und bunte Nostalgieland. Blakeley setzt auf Tempo und Details, vergisst nicht auf ironische Einsprengsel und kann sich zudem auf die Stärke von Cole Porters unvergleichlicher Musik verlassen. Dieses Hit-Feuerwerk nimmt man gerne als Ohrwurm mit nach Hause. Die jazzigen Rhythmen, versetzt mit witzigen Tarantella-Anklängen, liegen bei Marcus Merkel in den besten Händen. Er lässt die Grazer Philharmoniker cool swingen und steckt damit auch das Publikum an.
Spielfreudiges Ensemble
Das Ensemble zeigt sich überaus spielfreudig. Katja Berg ist als Lilly/Katharina so divenhaft wie bissig und stimmgewaltig. Den Supermacho nimmt man Marc Lamberty als Fred/Petruccio jederzeit ab, auch wenn er stimmlich oft an seine Grenzen gerät. Absolut hinreißend ist Bettina Mönch als Lois/Bianca, Steven Armin Novak ein ihr ebenbürtiger Bill/Lucentio. Eine Extraerwähnung verdient Cedric Lee Bradley, der mit „Too Darn Hot“ dem Saal und auch Hattie (Andrea Huber) einheizt. Komödiantisches Talent beweisen Martin Fournier und Sven Fliege als Ganoven, und über das Wiedersehen mit Götz Zemann und Gerhard Balluch freut man sich.
Alles in allem: Ein Abend, der den Anspruch erhebt, unterhaltsam zu sein - und diesen mit Verve erfüllt!
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