Prozess

Server als Fundgrube für Richter

Salzburg
31.07.2017 10:54

Mit der Razzia im Magistrat wurde der Grundstein für die Swap-Anklage gelegt. Den Ermittlern ist es in minuziöser Kleinarbeit gelungen, bis zu zehn Jahre alte, längst gelöschte E-Mails wieder herzustellen. Ein Experte erklärt jetzt, wie das technisch abgelaufen ist und welche Geheimnisse vielleicht nie gelüftet werden.

Dunkle Wolken zogen an jenem 8. Juni im Vorjahr über dem Schloss Mirabell auf, als schwere Geländewagen auf den Parkplatz bretterten. Männer mit ernsten Mienen stiegen aus, ihr Ziel: Die IT-Abteilung des Magistrats. Beinahe filmreif wurde der dortige Leiter vorübergehend in Handschellen gelegt und aus seinem Büro entfernt, während seelenruhig mehrere Computer-Server der Stadt beschlagnahmt wurden. Bei den Männern handelte es sich um Ermittler der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft aus Wien und was sie damals in ihren Kofferräumen verstauten, war der Schlüssel für die Anklage gegen Stadtchef Heinz Schaden und sechs weitere Personen. Denn auch wenn jener belastende E-Mail-Verkehr von 2007 längst aus den Posteingängen verschwunden ist, auf den Servern der Stadt war er noch immer gespeichert.

Viel mehr belastende Mails als bisher bekannt wurden
Problemlos bis zu zehn Jahre rückwirkend können auf diese Weise Daten wieder sichtbar gemacht werden, erklärt IT-Spezialist Martin Wendel gegenüber der "Krone": "Unternehmen etwa sind gesetzlich dazu verpflichtet, Daten über einen bestimmten Zeitraum zu sichern, damit auch noch Jahre später drauf zugegriffen werden kann." Vorstellen muss man sich das folgendermaßen: Wenn ein Magistratsmitarbeiter an seinem Computer am Arbeitsplatz ein E-Mail schreibt, wird dieses im Hintergrund gespeichert, aber nicht nur auf dem Computer selbst, sondern auch auf den Fileservers, mit denen der PC verbunden ist. Auf diese Weise ist es möglich, von jedem Firmenrechner aus, mit den Login-Daten auf das eigene Laufwerk zugreifen zu können. "Fileserver werden in den meisten Fällen täglich gesichert", erklärt der Experte. Das kann auf unterschiedliche Weise passieren: Zum Einen werden die Server direkt auf Band gesichert, zum Anderen auf speziell dafür vorgesehene Plattensysteme.

Experte erklärt: So wurden gelöschte Daten gesichert
Tausende Datensätze haben die Ermittler auf den Servern sichergestellt, darunter auch mehrere belastende E-Mails, wie jenes des jetzigen Finanzdirektors, in dem er seinem damaligen Vorgesetzten schreibt, dass der Bürgermeister "aufgrund des Risikos aus allen Wolken gefallen" sei. Nur ein Bruchteil der gesicherten Daten hat schlussendlich tatsächlich den Weg in die Akten gefunden.

Aus diesen Schriftverkehren rekonstruierte schließlich Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic seine Anklage. Denn bis heute bestreiten die Beteiligten, dass es einen Stadt-Land-Deal zur Übertragung der Derivatgeschäfte gegeben hat.

Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass in den unübersichtlichen Datenfluten in den Untiefen der Server noch weitere mögliche Indizien unentdeckt schlummern. Vielleicht auch für immer.

Kronen Zeitung

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