Anwalt zu AMA-Skandal:

„Gütesiegel einstampfen, weil es nichts wert ist“

Steiermark
28.02.2024 16:29

Grauenhafte Bilder wurden dem Verein gegen Tierfabriken einmal mehr aus einem steirischen Schweinemastbetrieb zugespielt. Die AMA hat dem Betrieb vorsorglich die Lieferberechtigung entzogen. Der Grazer Anwalt Gerald Ruhri will seine Betrugs-Anzeige gegen das Gütesiegel nun ausweiten.

Einmal mehr sind dem Verein gegen Tierfabriken (VGT) äußerst verstörende Bilder aus einem steirischen Schweinemast-Betrieb zugespielt worden. Tausende Tiere vegetieren auf engstem Raum auf Vollspaltenboden ohne nur ein Häufchen Stroh dahin, beißen sich vor Langeweile fleischig. Tageslicht? Fehlanzeige! Etliche Tiere weisen Gelenkschwellungen auf, Blutohren mit eingewachsener Ohrmarke, Hautausschläge. An einem weiteren, verzweifelten Schwein prangt ein riesengroßer Tumor, daneben Artgenossen mit Eingeweidebrüchen und geschwollenen Augen. „Ein zitterndes Schwein liegt am Boden, hinter ihm beißen blutverschmierte Artgenossen in den heraus quellenden Mastdarmvorfall des Schweins. Hautfetzen hängen herab, verzweifelt versucht das Tier, zu entkommen, doch in der dicht gedrängten Bucht gibt es kein Entrinnen“, beschreibt der VGT die Aufnahmen.

Alles Fleisch gequälter Tiere, das der Konsument einige Monate später auf dem Teller haben wird. Und das obendrein das AMA Gütesiegel trägt. Das, so wird zumindest dem Kunden eingebläut, für beste Qualität steht. Doch einmal mehr muss die AMA Stellung zu unsäglichen Tierleid beziehen.

Lieferberechtigung entzogen
Man sei nach Bekanntwerden der Vorwürfe sofort zum betroffenen Stall gefahren, um eine unangekündigte Kontrolle durchzuführen. „Sowohl der Betriebsinhaber als auch der betreuende Amtstierarzt wurden von uns zur Stellungnahme aufgefordert - aktuell warten wir auf diese Stellungnahmen. Grundsätzlich ist zu sagen, dass wir bei Regelverstößen eine Null-Toleranz-Policy verfolgen. Darum wurde dem Betrieb bis zur Abklärung der weiteren Details und der notwendigen Schritte vorsorglich die Lieferberechtigung in das AMA-Gütesiegel entzogen.“

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Wenn ich 42.000 Betriebe im System habe, diese aber nicht kontrollieren kann, dann muss ich das System ändern. Oder das Gütesiegel einstampfen, weil es nichts wert ist.

Anwalt Gerald Ruhri

„Gütesiegel einstampfen, weil es nichts wert ist“
Die Rechtfertigungen der AMA will der renommierte Grazer Strafverteidiger und große Tierfreund Gerald Ruhri nicht mehr gelten lassen: „Wenn ich 42.000 Betriebe im System habe, diese aber nicht kontrollieren kann, dann muss ich das System ändern. Oder das Gütesiegel einstampfen, weil es nichts wert ist. Er hat ja die AMA nach Bekanntwerden der Hühnermast-Skandale wegen Betrug angezeigt. Nun überlegt er, diese nach den erneuten grausamen Erkenntnissen auszuweiten. Denn: „Der Konsument glaubt, er fördert das Tierwohl und die AMA-Betriebe kassieren höhere Preise. Wen kümmern dabei die Tiere? Die Kontrolle folgt auf die Anzeige. In einem seriösen System müsste vielmehr die Kontrolle die angezeigten Zustände verhindern. Die Null-Toleranz-Politik der AMA ist ein Werbegag, der immer dann herhalten muss, wenn wieder ein engagierter Tierschützer einen ,Einzelfall‘ aufdeckt.“

Zu lange her?
Skandal-Betreiber wurde zuletzt im Herbst kontrolliert

Die Wogen gehen hoch, rund um den vom Verein gegen Tierfabriken (VGT) veröffentlichten Schweinemast-Skandal. Auch die Politik reagiert, ein runder Tisch wird gefordert.

Sofort nach Bekanntwerden der heftigen Vorwürfe gegen einen steirischen Schweinemast-Betreiber hat die zuständige Landesrätin Simone Schmiedtbauer (ÖVP) eine amtstierärztliche Kontrolle verfügt. „Die Ergebnisse sollten heute noch vorliegen“, heißt es aus ihrem Büro. „Dieses schnelle Vorgehen zeigt, dass unser Kontrollsystem funktioniert. Ich appelliere an alle Beteiligten, etwaige Missstände sofort den Behörden zu melden. Nur so kann rasch regiert werden“, sagt Schmiedtbauer. Übrigens: Zum letzten Mal wurde der Betrieb im Herbst überprüft. Damals habe es nichts zu beanstanden gegeben. 

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Es zeigt sich einmal mehr, dass Tierwohl kein wirkliches Kriterium bei der Vergabe des Gütesiegels ist. Wie wir aus der Vergangenheit wissen, suggerieren ‚süße‘ Werbevideos den Konsumentinnen und Konsumenten oft, dass sie Fleisch aus artgerechter Haltung kaufen.

Georg Schwarzl, Tierschutzsprecher (Grüne)

Auf den Skandal reagiert haben auch die Grünen: „Die furchtbaren Zustände in dem steirischen Schweinemastbetrieb mit AMA-Gütesiegel sind einfach unhaltbar. Und wie wir wissen, ist das ja nur ein weiterer Fall von zuletzt zahlreichen aufgedeckten Missständen in der Tierhaltung“, zeigt sich Tierschutzsprecher Georg Schwarzl entsetzt. Er fordert einen runden Tisch, um weitere Schritte zu besprechen. Außerdem bringen die Grünen heute noch einen Antrag mit der Forderung ein, dass die Steiermark das erste Bundesland ohne Ställe mit Vollspaltenboden werden soll. Funktionieren soll das mit Förderungen für die Betriebe. Was das AMA-Gütesiegel betrifft, findet Schwarzl ebenso klare Worte: „Es zeigt sich einmal mehr, dass Tierwohl kein wirkliches Kriterium bei der Vergabe des Gütesiegels ist. Wie wir aus der Vergangenheit wissen, suggerieren ‚süße‘ Werbevideos den Konsumentinnen und Konsumenten oft, dass sie Fleisch aus artgerechter Haltung kaufen.“



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