Fakten und Tipps

Badesaison angelaufen: Nichtschwimmer in Gefahr!

Tirol
02.06.2023 09:00

In Tirols Bädern und an den Badeseen herrscht wieder Hochbetrieb. Kinder und Jugendliche weisen beim Schwimmen große Defizite auf. Auch viele Erwachsene beherrschen nicht einmal die Grundlagen. An passenden Kursangeboten hapert es gewaltig. Die „Krone“ liefert Daten und Fakten und eine Auffrischung in Erster Hilfe.

Für Nichtschwimmer wird der Pool schnell zur Falle, der See zum Todesurteil. Bei Kindern ist die Gefahr noch allgegenwärtiger - sogar ein Planschbecken kann ihnen zum Verhängnis werden. In Österreich sind heuer 14 Menschen ertrunken, zwei davon Kinder. In den Jahren davor schwankte die Zahl zwischen 22 und 47.

Doch wer meint, das Nichtschwimmer-Problem erledige sich von selbst, da „heute eh jeder schwimmen kann“, irrt. Jeder zehnte Heranwachsende zwischen fünf und 19 Jahren kann hierzulande nicht schwimmen. Rechnet man die Erwachsenen mit ein, gelten sieben Prozent der Österreicher über fünf Jahre als Nichtschwimmer, wie Erhebungen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV) zeigen. Das sind rund 600.000 Menschen, die sich bei einem Sturz ins kühle Nass potenziell nicht retten können. In Tirol 65.000.

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Kinder sollten möglichst früh schwimmen lernen. Je später, desto schwieriger wird es. Dafür braucht es günstige Kurse, an denen alle Kinder, unabhängig von finanziellen Mitteln der Eltern, teilnehmen können.

Johanna Trauner-Karner, Leiterin Freizeitsicherheit beim KfV

Schul-Schwimmunterricht kein Allheilmittel
Johanna Trauner-Karner, Leiterin Sport- und Freizeitsicherheit des KfV, sieht einen Teil der Lösung für die mangelnde Schwimmkompetenz in Schulkursen - aber nur einen Teil. „Schwimmunterricht in der Schule kann nicht alles richten, da es oft nur wenige Stunden sind“, betont die Expertin. „Im Idealfall lernen Kinder möglichst früh, schon vor der Schule, schwimmen.“ Dafür brauche es entweder Eltern mit Zeit und Können, oder günstige Kurse, damit auch Kinder aus sozial schwachen Familien einen Zugang dazu haben.

Laut Regierungsprogramm wären „kostenlose Schwimmkurse für alle“ vorgesehen. Von der Umsetzung dieses ambitionierten Versprechens sei man aber weit entfernt, so Trauner-Karner. Stolpersteine seien finanzielle und personelle Ressourcen, aber auch die Bäderinfrastruktur. Allein die 148.000 Nichtschwimmer unter den Schülern würden 9000 Kurse benötigen, um ihren Rückstand auszugleichen. Durch die Pandemie sind viele Schwimm-Einheiten in den Turnstunden ausgefallen und müssen nachgeholt werden.

Keine Profischwimmer, aber immerhin sicher
Angesichts der hohen Nichtschwimmerzahlen sei das Ziel, Strategien für brenzlige Situationen zu vermitteln. „Kinder müssen keine Profis werden, sich aber ans Ufer oder den Beckenrand retten können“, führt Trauner-Karner aus. Wichtig sei auch das Gewöhnen ans Im-Wasser-Sein. So könne man im Stress besser reagieren.

Dennoch sollten auch geübte Planscher nicht unvorsichtig werden: Am offenen Wasser eine Boje mitzunehmen schade nie, schließlich könne einem auch im kleinsten Tümpel die Kraft ausgehen.

Bleibende Schäden nach drei Minuten
Eltern sollten im Schwimmbad, beim Badesee, aber auch beim Pool im Garten auf ihre Kinder ganz besonders Acht geben. Die „Krone“ hat recherchiert, wie man einen Ertrinkungsunfall verhindert und wie die Erste Hilfe bei den Sprösslingen im Ernstfall funktioniert. Das oberste Gebot lautet freilich, „Kinder in der Nähe von Wasser nie unbeaufsichtigt zu lassen. Ablenkungen durch das Handy oder vertiefende Gespräche mit anderen also vermeiden!“, sagt Michael Stock, Einsatzleiter der Wasserrettung Tirol.

Bereits 20 Sekunden reichen, um unterzugehen und von der Wasseroberfläche zu verschwinden. „Nach drei Minuten können bleibende Schäden entstehen“, warnt Stock.

„Unbedingt zuerst an der Wasserfläche suchen!“ 
Der beste Schutz gegen das Ertrinken ist freilich, dass das Kind so früh wie möglich schwimmen lernt. „Das ist aufgrund des Hallenbad-Sterbens in Tirol ein großes Problem“, klagt der Einsatzleiter. Im eigenen Garten oder auf der Terrasse gilt es, den Pool oder das Planschbecken gut abzusichern. „Sollte man das Kind im Schwimmbad oder am See aus den Augen verlieren, unbedingt zuerst die Wasserfläche absuchen.“

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Da Erste Hilfe sehr anstrengend ist, sollte man sich abwechseln.

Michael Stock, Einsatzleiter der Wasserrettung

Doch was, wenn es doch zum Ertrinkungsunfall kommt? Hier raten die Experten vom Öffentlichen Gesundheitsportal Österreichs, Bewusstsein und Atmung zu kontrollieren. Bei Vorhandensein einer normalen Atmung muss das Kind in die stabile Seitenlage gebracht werden. Bis zum Eintreffen der Rettungskräfte regelmäßig die Atmung kontrollieren und das Kind zudecken, um eine Unterkühlung zu vermeiden.

Erst beatmen, dann folgt Herzdruckmassage
Ist keine Atmung vorhanden, sofort mit der Wiederbelebung starten! Diese sieht wie folgt aus: Beatmen Sie zuerst das Kind fünfmal. Bei Babys muss eine Mund-zu-Nase-Beatmung, bei Kindern ab einem Jahr eine Mund-zu-Mund-Beatmung durchgeführt werden.

Anschließend wird mit der Herzdruckmassage weiter gemacht. Drücken sie 30 Mal mit einer Frequenz von 100 bis 120 Mal pro Minute. Der Druckpunkt liegt bei allen Kindern in der unteren Hälfte des Brustbeines. Bei Kindern ab einem Jahr wird mit beiden Händen gedrückt, bei Babys und Kleinkindern mit einem oder zwei Fingern. „Der Brustkorb muss dabei drei bis fünf Zentimeter eingedrückt werden“, verdeutlicht Stock. Anschließend wird zweimal beatmet und wieder 30 Herzdruckmassagen durchgeführt. Dies so lange, bis die Rettung eintrifft oder das Kind wieder Lebenszeichen zeigt. „Da Erste Hilfe sehr anstrengend ist, sollte man sich abwechseln“, schließt der Einsatzleiter.

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