Die Grazer Philosophin Lisz Hirn analysiert in ihrem neuen Buch, warum die heimische Politik zunehmend den Ruf eines „schmutzigen Geschäfts“ hat.
Der Titel und die Kernfrage Ihres neuen Buches lauten: Macht Politik böse? Um die Antwort nicht vorwegzunehmen, können Sie den Ausgangspunkt zu dieser Überlegung erklären?
Viele Menschen wollen nicht politisch tätig sein, egal ob ehrenamtlich oder hauptberuflich. Ich habe mich gefragt, warum das so ist, und dem Misstrauen, dem Verdacht, dem Vorurteil, dass die Politik ein „schmutziges Geschäft“ ist, nachgespürt.
Ist es nicht sehr einfach, jemanden in eine gute oder böse Schublade zu stecken?
Mir geht es gerade darum, die Schubladen aufzumachen. Kritik an Politikern ist notwendig, aber wir verdrängen gerne, dass auch wir Bürger politische Wesen sind und damit eine Verantwortung haben.
Sie sagen, dass man als Bürger nicht nur schimpfen darf, sondern sich auch der eigenen Verantwortung bewusst sein muss. Sollte die Gesellschaft ihre Einstellung zur Politik ändern?
Dringend. Diese Einstellung, dass ich mit der Politik nichts zu tun haben will, das funktioniert in einer Demokratie so einfach nicht. Wir sind alle für alles, was passiert, mitverantwortlich - ob wir wollen oder nicht.
Warum ist diese Verdrossenheit der Politik gegenüber gerade in Krisen so gefährlich?
Fehlendes Vertrauen in die Regierungen kann dazu führen, dass Regeln nicht akzeptiert werden. Wenn wir sagen, Politiker sind korrupt und das ist normal, dann ziehen wir diese Leute auch an. Dieses Misstrauen ebnet folglich genau den Personen den Weg, die für das politische Tagesgeschäft ungeeignet sind, da die „richtigen“ Personen die Politik unanständig finden.
Tragen die Geschehnisse in der Steiermark gerade einmal mehr dazu bei, dass sich diese „richtigen“ Personen von der Politik abwenden?
Skandalöse und beleidigende Wortmeldungen tragen jedenfalls nicht dazu bei, das Ansehen der politischen Entscheidungsträger zu erhöhen. Deeskalieren wäre nun angesagt!
Sollte von den Handlungsträgern demnach mehr Moral gefordert werden?
Wir können von jenen, die uns vertreten, einen gewissen moralischen Standard einfordern. Wen oder welche Partei ich wähle, hat viel mit den Werten zu tun, die sie vertritt, und ob ich ihr zutraue, diese gut umzusetzen.
Wie erlangt man diese Zuversicht?
Politik ist nur so böse, wie wir sie sein lassen, weil auch jene Leute zu Politikern werden, die vorher Bürger waren. Es geht nicht um ein böses Menschenbild, sondern um die Realität, dass es Situationen geben kann, in denen fragwürdige Entscheidungen getroffen werden.
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